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Montag, 20. Juni 2022

Fame – Vom Türsteher (3)

Dorin Popa, Mitte 50, ist eine feste Größe im Münchner Nachtleben, zumindest unter Barbetreibern. Er ist Silencer bei mehreren Bars. An diesem Freitagabend arbeitet er für das „Freebird“, eine Bar ganz in der Nähe des Salons. Popa ist großgewachsen, aber hager, auch er ist nicht vom Typ Türsteher. „Ich strahle eine Ruhe und Autorität aus, die die Leute akzeptieren“, sagt er. Darauf komme es an. So öffnet er den Gästen immer die Tür – aus Höflichkeit, aber auch, um zu zeigen, wer hier im Zweifel die Kontrolle hat. „Wenn die Leute ankommen und noch nüchtern sind, muss man bestimmt sein“, sagt Popa. „Um Grenzen zu setzen, was die Lautstärke betrifft.“ 
Den Silencer sieht Popa als Bindeglied zwischen den Nachbarn und der Bar, er nennt sich selbst den „Anwalt der Anwohner“. Es geht um Stille – und darum, dass sich niemand gestört fühlt. Aber eben auch um das Überleben der Bars. Das muss man so existenziell formulieren, Popa tut es auch.

Max Fluder in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ vom 18./19. Juni 2022 (OnlineePaperBlendle)

Sonntag, 29. April 2012

Die Frankfurter Allgemeine und das Bällebad

„Was im Bällebad passiert, bleibt im Bällebad“, twitterte gestern noch Marina Weisband vom  Bundesparteitag der Piratenpartei in Neumünster. Melanie Mühl und Stefan Schulz hielten sich nicht daran, als sie sich für die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ unter die Freibeuter wagten, und berichteten im heutigen Feuilleton:
„Man stolpert durch ein Bällebad in den Saal.“
Diese investigative Erkenntnis mußte ich natürlich umgehend überprüfen. Ein Bällebad! Wo, verdammt noch mal, ist dieses Bällebad. Schließlich wollte ich auch so in den Saal stolpern.

Sonntag, 6. November 2011

Dahinter steckt immer ein kluger Kopf – oder zwei oder...eh wurscht, alles einerlei

„Die lieben Kollegen“ hat Frank Schirrmacher wieder einmal im Visier, und bei aller Liebe für die digitale Zukunft kann man sich bei einem klassischen Medium wie der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ darauf verlassen, daß so ein Kollege das Handwerkszeug beherrscht, solche Petitessen wie Recherche, Sprache und die Wahrhaftigkeit der Tatsachenbehauptungen, jedenfalls zitiert die „F.A.S.“ heute auf der Medienseite offenbar den Branchendienst „turi2“: „Mit seiner neuen täglichen Vorabendshow zieht Thomas Gottschalk nun also in das Berliner Humboldt Carré ein, eine der 'feinsten Adressen der Hauptstadt‘, wie der Walldorfer Medienkenner Peter Turi weiß.“
(Daß hier der Branchendienst Turi2 wiederum nur den Berliner „Tagesspiegel“ paraphrasiert: „Der Gendarmenmarkt gehört zu den feinsten der an feinen Adressen nicht eben reichen Hauptstadt“, hätte man mit einem weiteren Klick feststellen können, aber so viel Rechercheleistung will ich von der „Frankfurter Allgemeinen“ gar nicht fordern.)
Nun weiß Peter Turi nicht nur zu lesen, sondern auch sonst eine Menge, manches davon veröffentlicht er sogar. Aber so wie Frank Schirrmacher sein Holzmedium keineswegs allein aus der Kraft seiner Lenden und Gehirnwindungen vollkritzelt, füllt auch der Walldorfer seine Webseite nicht etwa als Einzeltäter, sondern mit einer kleinen Mannschaft. Florian Treiß steht denn auch tatsächlich bei turi2 in der Autorenzeile des zitierten Gottschalk-Beitrags – und natürlich hat sich nicht Schirrmacher himself – wie von mir oben behauptet – in die Niederungen des Branchenkatsches begeben, sondern Harald Staun in seiner Medienkolumne über Turi ausgelassen. Aber Namen sind offenbar nur Schall und Rauch, so klug die Köpfe sich auch sonst geben mögen. Da konnte ich es mir einfach nicht verkneifen, dem gewöhnlich gut informierten Kollegen Staun nachzueifern und – pars pro toto – Leistungen aus der Truppe dem Oberkommandierenden zuzuschreiben.

Updates:  Da es bei turi2 hin und wieder mit der Autorenkennzeichnung seine Tücken hat (Teamwork! „Gesamtkunstwerk“), habe ich sicherheitshalber bei Florian Treiß nachgefragt, der mir versicherte: „Peter Turi hatte mit dem Text nichts zu tun, er stammt größtenteils von Björn Czieslik, wurde dann aber unter meinem Namen veröffentlicht, weil er es nachts formuliert hat und ich es morgens finalisiert hab. Das, was Staun zitiert, hätte er aber dem Tagesspiegel zuschreiben müssen. Denn die Formulierung 'feinste Adressen' war ein indirektes Zitat von dort.

Dienstag, 11. Januar 2011

Der, die, das – Unauthorisiertes von der Frankfurter Allgemeinen?

Seitdem ich mich mit Blogs beschäftige, was nicht sonderlich lang ist, gerade mal vier Jahre, seitdem ich mich jedenfalls mit der Blogosphäre befasse, verfolgt mich der vehemente Streit, ob es nun der Blog oder das Blog heiße. (Die arg kleine Fraktion der Anhänger eines weiblichen Artikels, auch als Spaßguerilla bekannt, vernachlässige ich hier einmal.) Und selbst als ich – im Juli 2006? – exklusiv melden konnte, daß die „Duden“-Redaktion in ihren salomonischen Unergründlichkeit beide Möglichkeiten zuließ, wollte der Streit nicht wirklich abebben. Ganz im Gegenteil. Burdas oberster Blogwart Heiko Hebig blökt unverdrossen, wenn auch inzwischen zeitgemäß via Twitter, immer „DAS Blog“, wenn ein anderer Gegenteiliges behauptet.
Nun präsentiert die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ anläßlich des Erscheinens des Erinnerungsbüchleins „Modestrecke – Unterwegs mit Les Mads“ ein Interview mit der für Burda bloggenden Jessica Weiß. „Die Fragen stellte Anke Schipp. Doch wer formulierte die Antworten? Denn niemand von Heiko Hebigs Schützlingen würde doch zu behaupten wagen, „der Blog war am Anfang eher ein Tagebuch für Freunde und Bekannte“. DER Blog? Weiß dementierte flugs, jemals den männlichen Artikel gebraucht zu haben: „Das Blog ist Pflicht - da hat die Autorin wohl mit interpretiert :)“. Hebig wies auf das Impressum des Büchleins hin: „Das Blog Lesmads.de wird herausgegeben von Hubert Burda Media“ („herausgegeben“?). Und so harre ich einer Antwort der sonst überaus seriösen „Frankfurter Allgemeinen“, ob da Schipp eigenmächtig Hand angelegt hat – oder die Schlußredaktion?
Update: Anke Schipp nimmt es auf ihre Kappe, daß sie beim Abtippen und Bearbeiten des Interviews „vermutlich“ den Artikel geändert hat. „Allerdings hat Jessica Weiss die Version, die in der Zeitung stand, autorisiert, sie hat es offenbar dann leider auch übersehen.“

Dienstag, 4. Januar 2011

Von der Gefahr, über „Focus“ zu lästern, ohne es zu lesen

Normalerweise lese ich den „Focus“ nicht – wie offensichtlich auch der Medienredakteur der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ Harald Staun. Aber anders als Staun schlage ich zumindest in dem Münchner Nachrichtenmagazin nach, bevor ich darüber lästere. „Es ist ja schwer genug, dass wir seit Monaten auf Markworts Focus-Editorial verzichten müssen“, halluzinierte er in seiner Medienkolumne vom Weihnachtswochenende (und daneben, in Niggemeiers „Focus“-Verriß, hieß es in einer Bildunterschrift: „Liest keiner, trotzdem gefährlich“). Der Schuß kann aber auch nach hinten losgehen, denn nicht minder gefährlich ist es, über ein Magazin zu lästern, daß man anscheinend nicht liest, denn – wie ich erst heute während meiner Stippvisite im Gefängnishof sicherheitshalber verifiziert habe – Markworts Tagebuch wird natürlich weiterhin gedruckt und ist nur ein paar Bögen nach hinten ins Debattenressort gewandert.

Montag, 27. Dezember 2010

Popa pöbelt (3)

Nine to five? Von wegen. Wenn einer immer im Dienst ist, dann nicht nur die Polizei, sondern auch wir Schnüffler von den Medien. Allein schon, weil Journalisten wie in einer unaufhörlichen Nahtoderfahrung gern über sich schweben und ständig Stoff sammeln müssen, aber vor allem, weil wir unseren Beruf gar „nicht als Maloche, sondern als bezahltes Hobby empfinden“, um Detlef Esslinger von der „Süddeutschen Zeitung“ zu zitieren. Als erfüllendes Vergnügen, das nie enden soll – wofür es dann für abgehalfterte Chefredakteure das Austragsstüberl eines Editors at large gibt. (Sympathischer finde ich dann ARD-Veteranin Luc Jochimsen, die auf ihre alten Tage tatsächlich als Abgeordnete der Linken in die Arena eines Bundestags steigt und nicht mehr nur besserwisserisch kommentiert.)
Auf die Frage, worüber ich denn so schreibe, antworte ich immer: die schönen Dinge des Lebens. Und wenn ich mich mit Reisen, Filmen, Kollegen, Stars, Mode, Valérie Todenhöfer, Essen und Trinken beschäftigen darf, gibt es keinen Feierabend. Über etwas zu berichten, ist aber doch eine etwas andere Herausforderung, als diese schönen Dinge selbst zum Beruf zu machen. Michael Graeter kann darüber einiges erzählen, seine Ausflüge in die Gastronomie und Welt der Kinobesitzer haben dem Klatschkolumnisten letztendlich 239 Tage Knast eingebracht.
War es die Gier nach noch mehr Geld & Anerkennung – die auch dazu führt, dass zwischen München und Hamburg so mancher gut bestallte Redakteur klammheimlich für Konkurrenztitel unter Pseudonym schreibt und damit Freelancern Arbeit stiehlt? Oder geht es bei den unternehmerischen Eskapaden vieler Medienarbeiter letztendlich ganz unromantisch um steuerverkürzende Investionen?
Braucht es Jan Weiler fürs Ego, dass man in seiner Vinoteca Marcipane unweit des Starnberger Sees auf papierne Untersetzer mit Weiler’schen Textergüssen Tomatensauce sabbern kann – oder doch eher für die Einkommensteuererklärung? Wer will bitte schön bei einem Riesling ausgerechnet an den frischgebackenen Winzer Günther Jauch denken müssen, dessen Gesicht man doch höchstens mit saurem Messwein assoziiert? Ist Dieter Moors Zweitkarriere als „Knecht und erster Traktorist“ eines Brandenburger Biobauernhofs nicht nur die romantischere (und damit publicityträchtigere) Alternative zu den Containerschiffen und Einkaufszentren, in die Fernsehfuzzis sonst so gern investiert haben, um die leicht verdienten Gagen nicht Vater Staat in den Rachen werfen zu müssen?
Natürlich habe ich gar nichts dagegen, wenn Medienpromis ihre Investionen nicht nur breit streuen, sondern einmal in ihrem Leben auch richtig gearbeitet oder vielleicht sogar etwas ordentliches gelernt haben. Dann kann man wie Franz Josef Wagner in seinem autobiografischen „Brief an Deutschland“ damit kokettieren, sich als Möbelpacker und Küchenhilfe durchgeschlagen zu haben. (Ob der Butler, der in Wagners Wohnung in der München Hohenstaufenstraße den damaligen „Bunte“-Chefredakteur pamperte, nun die Nase rümpft oder sich solidarisch fühlt?) Mit medienfernen Talenten kann man auch sehr gut journalistische Durststrecken und Karriereschwankungen überwinden, sei es als Pferdezüchter (Stefan Aust) oder Paddle-Tennis-Trainer (Tom Kummer).
Bei Wolfram Winter habe ich zwar in den letzte Jahren irgendwann den Überblick verloren, welche Firma (Giga, NBC Universal, Premiere Star, Sky) und Jobbeschreibung gerade aktuell auf seiner Visitenkarte steht, aber eins war beständig: seine Würde als Honorarkonsul der Republik Namibia. Jetzt mal ehrlich, den Job hätte doch jeder von uns gern, selbst wenn er gar nicht honoriert wird, sondern ganz im Gegenteil richtig Geld kostet. Andererseits: Wer aus der Medienbranche kann schon wie der Weyer, äh, ich meine Winter seiner Liebsten die Gastgeberrolle eines diplomatischen Empfangs schenken?
Dafür lohnt es sich doch zu arbeiten, wobei die schönsten Entgelte die völlig unverdienten sind: Ausgerechnet Alt-Paparazzo Erwin Schneider wurde während eines Privataufenthalts am Wörthersee von einer Hamburger Illustrierten als typisch deutscher Tourist abgeschossen, woraufhin er sich sein Recht am eigenen Bild mit einem vierstelligen Betrag abgelten ließ, der wohl dem deutschen Durchschnittsmonatslohn entspricht. Bei der „Frankfurter Allgemeinen“ hat ein unbekannter Spender noch etwas drauf gelegt und deren Hannoveraner Korrespondenten Robert von Lucius 10.000 Euro in bar geschickt. Der Verlag wollte erst Strafanzeige gegen den unbekannten Spender erstatten, hat aber keinen passenden Straftatbestand gefunden und das Geld stattdessen „tresoriert“. Falls sich der Absender nicht noch meldet, soll der Betrag der hauseigenen Stiftung „F.A.Z.-Leser helfen“ einer gemeinnützigen Stiftung übergeben werden. Wie das dann aber finanzrechtlich aussieht? Geschenk ist Geschenk und wohl zu versteuern.

(Illustration: Bulo)
Diese Kolumne erschien zuerst im „Clap-Magazin“ #31 Dezember 2010

Freitag, 3. Dezember 2010

Die Unbestechlichen von der Frankfurter Allgemeinen

Wenn eine Redaktion nicht käuflich ist, dann die Kollegen von der Frankfurter Allgemeinen. Selbst eine als Weihnachtsgeschenk übersandte Saftpresse im Wert weniger Euro landet postwendend wieder beim Absender, mit dem eindringlichen Hinweis, von weiteren Geschenken an die Redaktion Abstand zu nehmen.
Und ich kann mich noch gut an eine Reisereportage des „F.A.Z.-Magazins“ erinnern, die ihren Autor mit der Queen Elizabeth 2 nach New York schickte. Das mehrere tausend Mark teure Ticket für die Transatlantikpassage hatte die Redaktion selbstverständlich selbst bezahlt und nicht als Pressereise abgewickelt. Zum Beweis wurde der Beleg im Editorial dokumentiert.
Um so koketter erschien mir eine Titelstory der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, die ihren Lesern letztes Wochenende gestand, von einem Anonymus wg. Hannover 10.000 Euro in bar zugesteckt bekommen zu haben: Empfänger war ihr Korrespondent „Robert von Lucius, adressiert allerdings an die Frankfurter Redaktion. Das Kuvert, normale Größe, fand sich im Postkoffer, mit dem Material zwischen der Frankfurter und der Berliner Redaktion ausgetauscht wird. Es war nicht frankiert und vollkommen durchsichtig, transparenter noch als Butterbrotpapier, so dass man schon von außen den gedruckten Text auf dem gleichfalls durchsichtigen Zettel lesen konnte, der in dem Kuvert lag: 'Danke, dass wir Frankfurter das gegen die Hannoveraner geschafft haben. Auf weitere gute Zusammenarbeit'.
Vielleicht noch interessanter als der Zettel war das Geld in dem Umschlag, ebenfalls von außen gut zu sehen: pinkfarbene 500-Euro-Scheine, gleich zwanzig Stück. Also 10.000 Euro in bar. Über den Hintergrund kann man nur spekulieren. Über eines nicht: Dem anonymen Absender fällt es nicht schwer, 10.000 Euro für obskure Zwecke auszugeben.“

Viel mehr stand am Sonntag dazu nicht in der Zeitung, und wer die Empfindlichkeit der Kollegen in Sachen Landschaftspflege kennt, konnte sich nur wundern. Denn der normale Leser könnte doch naiverweise glauben, man hätte das Geld behalten.
Und während ich noch rätselte, ob man eine anonyme Spende wie eine Erbschaft ausschlagen könne, antwortete Robert von Lucius postwendend auf meine neugierige Mailanfrage: „Den Umschlag (und das Geld) habe ich selber erstmals am Sonntag in der Abbildung gesehen. Als mich Mitte August eine Verlagsmitarbeiterin aus Frankfurt anrief und vom Brief berichtete mit der Frage, ob sie das mir zusenden solle, ließ ich ihn mir beschreiben und bat sie dann, das sofort dem Justiziar weiterzuleiten. Anfangs erwogen wir eine Strafanzeige gegen Unbekannt, da wäre aber der Straftatbestand schwierig zu finden gewesen. So entschloss sich mW der Verlag dazu, den Brief vorerst zu tresorieren. Mittlerweile hörte ich, dass der Umschlag mit den 20 Geldscheinen à Euro 500 in einer Frankfurter Anwaltskanzlei verwahrt wird. Da die Zeitung nicht damit rechnet, dass sich der Eigentümer der Geldscheine melden wird, wird sie das Geld im kommenden Jahr der gemeinnützigen Stiftung F.A.Z.-Leser helfen zur Verfügung stellen.“
Bei der „taz“ hätte der unbekannte Gönner weniger Probleme gehabt. Er hätte einen entsprechenden Artikel nur ebenso generös flattrn müssen.

Update: Telefonisch hat mich Robert von Lucius inzwischen informiert, daß das Geld einer gemeinnützigen Stiftung zur Verfügung gestellt werden soll, aber noch offen sei, welcher.

Samstag, 17. Oktober 2009

Der falsche Zauber von Google

Welcher Webanbieter, ob Blogger, Geschäftsmann oder Journalist, kennt nicht das Aha-erlebnis beim Blick auf die aktuelle Zähleranalyse: „Recent Came From“ besteht nahezu ausschließlich aus Suchanfragen des Giganten aus Mountain View, ob nun nach Images oder Begriffen gegoogelt wurde... Dazu ein paar andere Suchmaschinen (suche.t-online, search.icq), eine Handvoll Blogs, Links aus Emailkonten, aber kaum mal eine redaktionelle Quelle.
Doch warum googeln plötzlich so viele nach den 100 Tagen Bücher? Doch nur, weil mein Buchladen bei Radio Charivari und M94.5 erwähnt worden ist. Letzterer hatte das Thema sogar auf seiner Webseite angekündigt – nur ohne Link! Warum interessieren sich plötzlich Zahllose für den rumänischen Lyriker Caius Dobrescu? Weil sein Buch in der „Süddeutschen Zeitung“ besprochen worden ist. Google verdankt einen beträchtlichen Anteil seiner Suchanfragen den klassischen Medien, ja sie werden geradezu an Google verschleudert, das so scheinbar zum Traffic-Turbo mutiert.
Doch wenn man genauer hinschaut, entpuppt sich der Datenkrake zumindest in dieser Hinsicht wie der Zauberer von Oz als Scheinriese. Wenn die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ unbekanntere Musiker wie Mickey Avalon oder Lykke Li vorstellt, kann man fast davon ausgehen, daß der Artikel erstens gar nicht online steht oder – selbst wenn – keine Videos eingebaut sind, geschweige denn, buh, jetzt kommt der böse Ausdruck, outgoing Links auf die Homepage des Künstlers, weiterführende Artikel anderer Contentanbieter oder die entsprechenden Download-Möglichkeiten der Songs bei Anbietern wie Amazon oder iTunes führen. Kurzum: kein Service!
Ich gehe auf YouTube, wenn ich in die Mucke reinhören will, ich google nach weiteren Informationen, denn jeder heavey user weiß, bei Medien wie der „Süddeutschen Zeitung“ oder „FAZ“ ist das Internet eine Sackgasse. In den Redaktionen herrscht noch die Mentalität des 20. Jahrhunderts als jedes gedruckte Wort mit Gold aufgewogen wurde und die in Aktendeckeln gesammelten, sorgsam auf Paperbögen fixierten und vervielfältigten Pressestimmen Macht widerspiegelten.
Heute zählen dagegen die Internetlinks zuzuordnenden Klicks – weshalb auch plötzlich ein Blog mit seinen paar durchgereichten Usern plötzlich eine letztendlich unangemessene Bedeutung erhält, weil es eben die einzige Trafficquelle neben den Suchmaschinen ist. Und die Warenproduzenten, Händler, Plattenfirmen, Filmverleihe, Buchverlage registrieren so nur, daß Google wieder Interessenten heranschaufelt, ohne auch nur erahnen zu können, wem das rege Interesse nun tatsächlich geschuldet wird. Dabei hätten wir nie gegoogelt, wenn nicht ein Journalist aus Print, Funk und Fernsehen unser Interesse geweckt hätte.

Sonntag, 27. September 2009

Geleakte Exit Polls am Nachmittag? Bereits langjährige Praxis

Wen man auch fragt, ob die Wahlforscher von infratest dimap oder der Forschungsgruppe Wahlen, ARD und ZDF, die Landes- und Bundeswahlleiter, die Parteien oder die Kollegen der old media, stets wurde rundum bestritten, daß vor Schließung der Wahllokale Prognosen auf Grundlage der Wahlnachfragen zirkulierten, oder – wenn überhaupt – nur zögerlich, eingeschränkt zugegeben. Um so schöner, daß es heute Michael Spehr in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ einmal klar ausspricht:
„Erste Zahlen zur Bundestagswahl 2005 hatten wir vor vier Jahren am Nachmittag des 18. September per SMS erhalten. sie kamen direkt aus dem Konrad-Adenauer-Haus, und die Führungsgremien der CDU hatten sie von Infratest Dimap und der Forschungsgruppe Wahlen. Diese Weitergabe war bislang gang und gäbe, niemand hat sich daran gestört: ein kleines Geheimnis, das man am besten für sich behielt.“

Dienstag, 13. Januar 2009

Mediale Nahrungskette

„Eine ganze Reihe ,führender' deutscher Blogs bezieht seinen Inhalt weitgehend sekundär, schreibt Zeitungen ab und sucht irgendwelchen Entertainment-Müll im Internet", zitierte der „Spiegel“ seinerzeit bei seiner Bloggerschelte Don Alphonso. Das Internet sei wie ein „Floh auf den Hund. Auch der holt sich seinen Content durch Saugen“, schimpfte Richard Wagner in der „F.A.S.“. Und seitdem irrlichtert bei nahezu jedem Blogbashing dieser Pauschalvorwurf weiterhin herum. Dabei weiß doch jeder, der schon einmal Pressearbeit gemacht hat, welche Bastion als erstes zu nehmen ist: Die Tageszeitungen. Sobald dort berichtet wird, stehen auch die Radio- und Fernsehredaktionen auf der Matte, um das Thema aufzugreifen. Man könnte es selbstverständliche Recherche nennen. Oder aber die Kollegen vom Rundfunk als Parasiten geißeln.

Sonntag, 2. November 2008

Bloggerdämmerung – Webbashing in der Frankfurter Allgemeinen (Updates)

Wenn die Printmedien etwas aus dem Internet gelernt haben, dann offenbar die Kunst, überspitzt und beleidigend zu formulieren – wenn's ums Internet geht. Das aktuellste Beispiel (natürlich nur kostenpflichtig online) stammt aus der heutigen „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, in der Richard Wagner (sein Foto sagt alles) auf der Meinungsseite unter dem Titel „Lauter Blogwarte“ so ordentlich vom Leder zieht, daß ich mich lachend im Café wälzte:

„Nervig ist auch, dass Internetfreaks sich in einer selbst angedichteten Herrlichkeit als mediale Avantgarde des 21. Jahrhunderts aufspielen und auf die traditionellen Medien herabschauen – ungefähr wie der Floh auf den Hund. Auch der holt sich seinen Content durch Saugen.“

„Bizarr wirkt auch die Begeisterung für das vielstimmige Internet als kraftvolle Quelle demokratischer Lebendigkeit, wie sie von Bloggern zur Schau gestellt wird, bei denen es zu einer Festanstellung leider nicht gereicht hat.“

„Der Blogger bleibt der arbeitsweltliche Asoziale, mit dem draußen keiner spielen wollte.“


Updates: Rivva mit diversen Blogreaktionen wie Medienlese oder Robert Basic, außerdem auch Grüne Mode, Tutsi, Carstens Logbuch (alternative Fassung), A blog about nothing, RunkenBlog, lanu, Hannaxel – interessant, was Rivva alles nicht registriert, zumindest lanu hätte ich da erwartet...
Pierre Markuse, pelastop summelsarium, Nummer 15, Übermüdet

Wen und was Richard Wagner sonst so alles verachtet, fasst Boris Rosenkranz am 27. April 2016 in Übermedien zusammen und zieht zum Schluß das Resümée: „Was Wagner so Reaktionäres von sich gibt und wofür die FAZ ihm Raum ausräumt, ist nicht verboten. Es sagt lediglich viel aus über die FAZ und darüber, wo sie steht. Ganz zu schweigen von Richard Wagner, der dort steht, wo man, wenn man sich zart bewegt, an die Maus von Beatrix von Storch stößt. Und wer will das schon, außer der sogenannte FAZ-Dichter.“

(Foto: Evanherk/Wikipedia)

Sonntag, 28. September 2008

BLOG$

Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ empfiehlt heute die zehn wichtigsten Wirtschaftsblogs, denn: „Das Bloggen ist längst keine Spielerei irgendwelcher Internet-Freaks mehr. Es ist zu einem Massenphänomen geworden. Und die besten der ökonomischen Zunft machen mit – zumindest in Amerika.“

Sonntag, 31. August 2008

Frankfurter Allgemeine in der Twilight Zone

Während Marcel Reich-Ranicki heute im Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ jede hellseherische Fähigkeit von sich weist, fühlt sich Peer Schader auf der Medienseite dazu durchaus berufen. Argwöhnisch vermutet er, daß das ZDF für Oliver Kahns Abschiedsspiel vielleicht nur deshalb doppelt soviel wie für eine Champions-League-Begegnung bezahle, weil der Titan zukünftig für den Sender als Fußball-Experte arbeitet und ergänzt: „Am Donnerstag gab Kahn vor versammelter Presse sein Antrittsgespräch beim ZDF – natürlich in der Münchner Allianz-Arena“. Zu dumm, daß der Termin – möglicherweise mein Stehrumchen der Woche – erst kommenden Donnerstag, den 4. September um 11 Uhr stattfindet.

Update: Peer Schader äußert sich zu seinem Tipp(?)-Fehler.

(Foto: ZDF/Adrian Bela Raba – Heute abend strahlt 3sat um 22.36 Uhr Marin Martschewskis Dokumentarfilm „Oliver Kahn und die Dinge des Lebens“ aus.)

Sonntag, 7. Januar 2007

Tricky F.A.S.

Letztes Wochenende hatte die sonst sich so seriös gerierende „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ gleich mit drei Bildern von Saddam Husseins Hinrichtung aufgemacht. Viele hatten sich darüber aufgeregt, auch ich an anderer Stelle, und die Kollegen haben zumindest die Größe, heute eine Seite den Leserbriefen einzuräumen, die daran Anstoß genommen haben.

Doch dienen diese kritischen Kommentare nur als Rahmen für einen Exkurs Claudius Seidls unter dem Motto: Es gibt kein besseres Argument gegen die Todesstrafe, als Zeuge einer Hinrichtung zu werden.

Seidl holt weit aus und hat natürlich recht, wenn er dem zwischenzeitlich unter anderem auf YouTube aufgetauchten vollständigen Handy-Video aufklärerische Eigenschaften zugesteht: Denn die offiziellen Nachrichten verkündeten, dass eben alles rechtens gewesen sei. Und erst die angeblich so geschmacklosen Bilder zeigten, dass es nicht so war. Der Delinquent wurde beschimpft, verhöhnt und durfte sein Gebet nicht zu Ende sprechen - was die Bilder zeigen, sieht aus wie ein schmutziger Mord, und die Empörung über diese Bilder nährt wieder einmal den Verdacht, dass der Bote hier mit der Botschaft verwechselt wird. Der Skandal besteht in dem, was diese Bilder dokumentieren.

Das Infame an Seidls Artikel ist aber, daß sich seine Argumentation für das Handy-Video stillschweigend auf die spekulative Titelstory der „F.A.S.“ letztes Wochenende überträgt und er scheinbar den Leserbriefen die Argumentationsgrundlage zu entziehen scheint.

Nur ist das Handy-Video erst nach dem Erscheinen der „F.A.S.“ mit den Hinrichtungsfotos aufgetaucht. Als die klugen Köpfe beschlossen, ihre Auflage mit den geschmacklosen Bildern des kurz vor der Hinrichtung stehenden Diktators hochzutreiben, war in den die Bilder begleitenden Texten noch von einer ordnungsgemäßen Hinrichtung die Rede und neben viel zustimmenden Worten zur Exekution wurden nur die üblichen europäischen Politiker mit ihrer grundsätzlichen Ablehnung der Todesstrafe zitiert.

Da hilft auch der Heiligenschein nichts, den sich die „F.A.S.“ jetzt nachträglich überstülpt. Sie wollten nur daran verdienen.