Montag, 20. August 2007

Vintage-Journalismus (2): Beate Uhse

Während RTL gerade die Verfilmung der Lebensgeschichte von Beate Uhse ankündigt (mal unter dem Arbeitstitel „Freiheit für die Liebe", mal als „Ein Leben für die Liebe“) stieß ich beim Aufräumen auf mein altes Interview mit der 76-Jährigen 1996 im Berliner „Ticket“:



Im Taxi mit Beate Uhse

Früher hat sie Kampfbomber zur Front überführt. Seit Kriegsende rüstet Beate Uhse Schlafzimmer auf. Dorin Popa begleitete die Sexpertin von ihrem Erotikmuseum zum firmeneigenen Flieger noch Tempelhof

„Mit einem Penis ging es los“

TICKET: Nenne ich Sie Frau Uhse oder Rotermund?
UHSE:
Sie müssen Uhse sagen, sonst weiß keiner, mit wem Sie gesprochen haben. Leute, die mich kennen, sagen Beate. Wer mich halb kennt, sagt Frau Rotermund. Und geschäftlich heiße ich Uhse.
Rotermund wäre ein schöner, sehr erotischer Name.
Nur, die Firma heißt Uhse, da kann man nicht mit Rotermund rumpfuschen. Alle fragen, wer diesen tollen Namen gemacht hat. Gemacht! Ich bin Beate getauft, und mein erster Ehemann hieß Uhse.
Damals waren Sie in Tempelhof stationiert?
Ich bin acht Jahre Pilotin gewesen. Zuerst als Einfliegerin. Dann kam der totale Krieg, und ich wurde gebeten, bei der Luftwaffe im Überführungsgeschwader mitzuarbeiten. Was ich gerne tat, denn es war beruflich ein enormer Aufstieg, diese ganz berühmten Jagdflugzeuge fliegen zu dürfen.
Was sind Sie geflogen?
Die Ju 87, das war der Stuka, und Jagdflugzeuge.
Haben Sie noch Kontakt zu den Fliegerkollegen?
Nein, ich bin ein Mensch, der in der Gegenwart lebt. Und man kann, wie die Ostpreußen sagen, mit einem Hintern nur auf einer Hochzeit tanzen. Das ist die Firma.
Steuern Sie Ihren Flieger jetzt selbst nach Hause?
Bis November bin ich noch geflogen, dann habe ich den Schein verfallen lassen.
Was bringen die beiden Flugzeuge der Firma?
Wir haben in unendlich vielen Städten Läden. Unsere Mitarbeiter können um sieben Uhr 30 morgens aus Flensburg weg und abends zurück, ohne im Hotel herumsitzen zu müssen. Unsere Entwicklung im Osten, in den neuen Ländern, hätten wir ohne Flugzeug nicht machen können.
Wie kommt man als ostpreußische Gutstochter zum Sex-Geschäft?
Nach der Kriegsgefangenschaft bin ich in einem kleinen Bauerndorf hinter den Deichen gelandet. Da kamen die Frauen zu mir und fragten: Beate, mein Mann ist wiedergekommen, toll, aber was mache ich denn nun, daß ich kein Kind kriege? Damals gab's die Pille noch nicht, und Kondome waren nicht erhältlich. Da fiel mir Knaus-Ogino ein, und ich habe ein Heftchen darüber gemacht und für zwei Reichsmark verkauft. Das nächste Prospektchen nach der Währungsreform bot schon acht Artikel an, und so ging's weiter.
In den 80er Jahren gab es in Ihren Katalogen Ketten nur als unverkäufliche Dekoration. Heute führen Sie Knebel, Handschellen...
Das darf man - wie die Gummipuppen - nicht überschätzen. Da wir ein Erotikfachgeschäft sind, müssen wir führen, was der Markt anbietet. Sonst sagen die Kunden, Oma Uhse hat ja nichts.
Und jetzt hat die Oma auch ein Museum?
Es begann mit der Sammelei von Exponaten, die man geschenkt kriegt. Die stellt man hier hin und da hin. Mit einem goldenen Penis ging es los. Irgendwann stehen da 30 Teile, und mehr gehen ins Büro nicht rein. Dann fangen sie an, das in Kisten wegzustauen, bis man das irgendwie schade findet. Dann will man die Sachen neben der Kantine in einem Raum zeigen, wo Mitarbeiter das anschauen können. Dann erfuhren wir vom Amsterdamer Sexmuseum. Da wurde erstmals der Gedanke wach, das auch zu machen.
Die Münchner wollten Ihr Museum nicht. Dafür klappte es samt Sexshop und Kino in Berlin in der Joachimsthaler Straße.
Am Anfang hatten die Behörden auch kleine Bedenken, aber zum Schluß sind sie uns sehr entgegengekommen. Nur müssen wir unseren Laden in der Hardenbergstraße dafür aufgeben, damit das kein „Rotlichtbezirk“ wird.
Und wie reagiert die Nachbarschaft?
Ich war gestern bei Mövenpick. Da kam der Geschäftsführer und sagte: „Herzlichen Glückwunsch zum Museum. Hier ist eine Flasche Sekt." Das fand ich unheimlich aufmerksam. Denn wer erkennt schon einen Menschen wieder? Ich würde unseren Bundeskanzler in geeigneter Umgebung erkennen. Aber wenn
ich ihn im Mövenpick träfe, würde ich nicht unbedingt sehen, daß das Herr Kohl ist.

Privatissime (1)

Vorzeichen einer Midlife Crisis oder normal, wenn man an seinem Online-Stammbaum und diversen biografischen Webseiten herumbastelt? Jedenfalls arbeite ich mich gerade durch diverse Fotoalben durch und wollte einiges davon der Öffentlichkeit nicht vorenthalten...

Mit meiner Mutter 1961.

























Mit meinem Vater Ion „Iani“ Popa (aka Ion Măgureanu aka Popicul aka Pancrator).

Mein Vater, meine Brüder Dinu, Dan und ich.






































Ende der siebziger Jahre mit meinem Bruder Dan. An meiner Schule nannte man mich aufgrund der Brillenform Schleiereule...

Mit Charles im alten Schumann's. Ich würde es auf 1985 datieren, als ich die Bar zur Präsentation von „Quintessenz – Die schönen Dinge des Lebens“ angemietet hatte. Der Abzug stammt aber vom Februar 1987!?









Mit Moritz Rinke und Katja Mitte bis Ende der neunziger Jahre während einer Party in Berlin. Sieht nach der Wohnung von Hans aus.


Mit Carl Djerassi während eines Interviews im Taxi für „Ticket“, ein Supplement des Berliner „Tagesspiegels“, um 1996 herum.


Titelproduktion mit Anica Dobra am 10. Juli 1998 für „Ticket“ 38/98, im Keller des Hamburger Hotels Atlantic.

(Fotos: Gunnar Geller, André C. Hercher, Privat u.a.)

neon.de: Heike Makatsch im User-Interview

Vor vier Monaten machte Christian Flierl, Redaktionsleiter bei neon.de, noch geheimnisvolle Andeutungen über einen völlig neuartigen Podcast. Jetzt ist die recht lieblos präsentierte Novität online und präsentiert nach dem Leserreporter den virtuellen Leserinterviewer. Bei der Premiere durften die User – via gebührenpflichtigen Anrufbeantworter, nicht etwa live – Heike Makatsch befragen, und so erfahren wir acht Minuten lang, wie sie als Kind in die Umkleidekabinen von Eishockeyspielern geriet, daß ihr Hundeblick „von innen“ käme und „Happiness is a warm gun“ nicht etwa nur ihr liebster Beatles-Track, sondern ihr Lieblingssong überhaupt sei. Die nächste Leserrunde ist Christian Ulmen gewidmet. Und bei 14 Cent pro Minute kommen da sicherlich ein paar Euro zusammen...

(Foto: „Schwesterherz“/Egoli Tossell Film AG)

Von der Wiese in die Weltspitze

Bisher war Berkant Göktan immer nur der „Stürmer aus dem Englischen Garten“, doch heute nennt ihn die Presse plötzlich „den Ribéry der Löwen“.

Get a first life

„Alle Links unter http:// sueddeutsche.de/ netzdepeschen behauptet die „SZ“ heute auf Seite 13. Aber um 13.28 Uhr noch keine Spur davon. Daher hier der Link zu „Get a first life“, die Antwort des kanadischen Bloggers Darren Barefoot auf den Second Life Hype.

Geisterblog

Mariä Himmelfahrt 2007 wird wohl noch so legendär werden wie der Valentinstag 1929. In Duisburg die Mafia-Abrechnung, und in München killte Narziss seine Blogeinträge bei der „freundin“. Es gab nur zwei Überlebende, die erste Tagebuchnotiz vom 24. April 2006, „Im Straßencafé“, und das Farewell vom 15. August 2007: „Abschied von der freundin“. Dazwischen: nada! Um so erstaunter war ich heute, hier im Tivoli-Blog drei Klicks zu haben, die von einem gar nicht mehr existierenden „freundin“-Link kamen. Und bei einem kurzen Gegencheck mußte ich entdecken, daß sieben letzte Woche von Narziss gelöschte Beiträge bei der „freundin“ wieder online stehen. Schaufelt er jetzt wieder alles retour oder rekonstruieren irgendwelche Volontärinnen sein Werk?

„Die CD war gestern“

Will.i.am: Die CD war gestern, wir sollten sie schnellstens vergessen. Wen interessieren denn heute noch silberne Plastikscheiben, die nur 72 Minuten Musik enthalten? Selbst die jüngsten Kids laufen heute mit Festplatten herum, die irrsinnig viele Stunden Musik speichern können. Die Zukunft der Musik ist ein Rundum-Erlebnis, kein flacher Tonträger.(...)

„Süddeutsche Zeitung: Wie rundum kann denn ein Erlebnis im Internet sein?

Will.i.am: Man gibt den Leuten, was sie wirklich wollen, Bonus-Sachen, Extras, Logos, Material zum Remixen, was auch immer. Vor allem aber: echte Interaktivität, eine echte Gemeinschaft. Ich bin da im Netz, ich bin nur einen Klick weit entfernt. Das ist neu. (...) In diesem Moment findet ein Wettrennen darüber statt, wer Musik im Internetzeitalter definiert und wie das neue Zeitalter aussehen wird. Denn noch hat niemand eine funktionierende Verwertung im Netz erfunden. Die Leute sagen zwar, iTunes sei ein solches Modell, doch das halte ich für eine Fehleinschätzung. Apple bietet mit iTunes nur einen Verkaufskanal. Aber im Endeffekt geht es denen einzig darum, noch mehr iPods zu verkaufen. Tatsächlich muss die Musik im Internetzeitalter über den Inhalt, nicht über die Verbreitungsform definiert werden.(..)

SZ: In den Teilen von 'i.am Antik'
(Will.i.ams neue Modekollektion, Anmerkung des Tivoli-Blogs) werden Codes eingenäht sein, mit denen man ein Album im Internet herunterladen kann, das nicht in den Plattenläden erscheinen soll. Ist das die ultimative Verzahnung von Musik und Mode, ist das Ihre Vorstellung von Zukunftsmusik?

Will.i.am: Man bekommt zwei Sachen für einen Preis, eine tolle Jeans und tolle Lieder, ganz einfach. (...) Und in den Sakkos, die in der Kollektion sind, wird die Musik sogar physisch vorhanden sein: In der Innentasche wird ein USB-Stick eingenäht sein mit den Liedern darauf.


Auszüge eines umfangreichen Interviews von Dirk Peitz mit Will.i.am von den Black Eyed Peas in der „Süddeutschen Zeitung“ heute.

(Foto: Universal/hiphopfotos.com)

Die Berliner Webuplik

Donnerstag fängt in Berlin das „9to5 – Wir nennen es Arbeit“-Festival an. Grund genug für die jetzt.de-Redaktion in der „Süddeutschen“ und online „zehn der wichtigeren Superberliner“ aus Deutschlands „unheimlicher“ Hauptstadt vorzustellen – und insbesondere deren Verflechtungen untereinander: Mercedes Bunz, Holm und Jens Friebe, Rainald Goetz, Kerstin Grether, Johnny Haeusler, Matthias Kalle, Sascha Lobo, Joachim Lottmann und Kathrin Passig.

Die US-Army ist ein weit größerer Verräter als jeder Blogger

„Women of CVN76: That Don't Impress Me Much“ war das YouTube-Video betitelt, das die US-Marine doch nachhaltig beeindruckt hat. Denn der Clip von Bord des Flugzeugträgers „Ronald Reagan“ zeigte nicht nur weibliche Marineangehörige, sondern gewährte auch Einblicke in den Nuklearantrieb – und wurde prompt zensiert. Wie „Wired“ jetzt aber enthüllte, liegt das größte Sicherheitsrisiko gar nicht im Web 2.0, sondern in den offiziellen Internetauftritten der Streitkräfte. Eine Untersuchung der Army Web Risk Assessment Cell ergab, daß dort weit mehr Geheimnisse preisgegeben würden als etwa in Blogs. Im untersuchtem Zeitraum 2006 fand man 1.813 „violations of operational security policy“ auf 878 offiziellen Webseiten des Militärs, aber nur 28 Verstöße in 594 überprüften Soldatenblogs. (via Boing Boing)

Sonntag, 19. August 2007

Auch bei den Franzosen läuft die Blogwerbung schlecht


Nicht nur Adical tut sich schwer, die Blogs mit bezahlten Anzeigen zu füllen. Die französischen Kollegen von Blogbang quälen sich auch, obwohl hinter den fünf Mitarbeitern immerhin der Werbekonzern Publicis steckt – und nicht nur ein paar Berliner Bohémiens. Angesichts eines Ertrags von knapp fünf Euro im August beschwert sich page2007 verständlicherweise, daß sich dafür der Aufwand kaum lohne. Accessoweb (siehe Grafik), der im August knapp über vier Euro eingenommen hat, wundert sich, wie seine Blogbang-Erlöse im August um 90 Prozent gegenüber dem Juli einbrechen konnten, wobei der Monat natürlich noch nicht ganz rum ist und Blogbang bereits Ende Juli sich nicht nur für einen Bug entschuldigen mußte, sondern auch einen lauen August prophezeit hat. Zur rentrée, im September soll alles besser werden. Accessoweb fehlt aber der Glaube und spielt mit dem Gedanken, die Werbeflächen zu reduzieren oder Blogbang ganz zu kippen.

Lost in Adagio


Wong Kar-Weis „2046“ – die schwermütigsten Liebesgeschichten, die elegischte Musik, die rauschhaftesten Bilder. Heute, 23.15 Uhr im Ersten.

(Bild: ARD Degeto)

Petit déjeuner musical (33)

Messieursdames, Lynda Lemay!





Samstag, 18. August 2007

Neu: Jetzt noch ärmer!

Habe gerade bei Sixtus die Adical-Eigenwerbung gesehen: „Neu! Toll! Jetzt mit Werbung!“ Und mußte daraufhin gleich meinen alten, gerade wieder aktuellen Promo-Stempel (old media!) herausholen: „Neu: Jetzt noch ärmer!“ Sollte ich vielleicht als Button aufwebben...

Prada, Zegna & Co aus Mafia-Ateliers?

Bisher dachte ich, an Mode klebe nur Blut, wenn es sich um Pelzkreationen handelt. Doch Roberto Saviano enthüllt in seinem Mafia-Buch „Gomorrha. Reise in das Reich der Camorra“ offenbar noch ganz andere kriminelle Zusammenhänge. Mit einer kleinen Einschränkung („Sein Stil steht dem Blog näher als der informativen Sozialreportage, ist hastig, hochfahrend und manchmal ein bisschen reißerisch“) feiert Dieter Richter heute das Buch groß im „SZ“-Feuilleton und hebt die in „Gomorrha“ enthüllte Zusammenarbeit zwischen der Modebranche und der Mafia hervor:

„Dutzende patriarchalisch geführte und von der Camorra mit zinsgünstigen Krediten versorgte Klein- und Mittelbetriebe, in denen hochqualifizierte Arbeitskräfte ohne Tarifverträge zu Billiglöhnen in Tag- und Nachtschichten arbeiten. Für die Auftraggeber von 'oben': die großen italienischen Modehäuser, die hier nach einem ausgeklügelten System des Dumpings produzieren lassen, nach von Luxus-Designern vorgegebenen Schnitten und mit frei Haus gelieferten Qualitätsstoffen. Was die Auftraggeber am Ende nicht abnehmen oder was bereits vorher 'abgezweigt' wurde, wandert mit Hilfe des 'Systems' in den zweiten und in den dritten Markt: 'echte Fälschungen', denen nichts fehlt als die Autorisierung durch den Konzern in Mailand oder Turin. Hier berühren die Tentakel des Systems auch unser eigenes Konsumverhalten. Wer hätte sich noch nicht über einen günstig erstandenen Anzug 'aus einem Stoff von Zegna', eine neue Tasche von Prada 'zum Schnäppchenpreis' gefreut?“

Vorletzte Woche bereits betonte Saviano im „SZ-Magazin“: „Die Modehäuser vertrauen nach wie vor ihren Subunternehmern und schieben so die Verantwortung von sich. Aus den kleinen, von der Camorra kontrollierten Nähfabriken Neapels stammt das Kleid von Melanie Griffith, das sie bei der Oscar-Verleihung trug, Madonnas Schuhe im Musical Evita stammen aus Mugnano bei Neapel. Nein, die Modelabels haben nichts verändert, schlimmer noch, es gibt Hinweise darauf, dass die großen Labels sich jetzt schon selbst fälschen und Modelle wie Stoffe gegen Provision freigeben, um diesen größeren Markt selbst zu bedienen und zu kontrollieren.“

Malerstar Daniel Richter als Straßenkünstler in Paris

„Was passiert, wenn man einen der erfolgreichsten Maler der Gegenwart zwischen Pariser Straßenkünstler setzt? Daniel Richter hat es für uns ausprobiert und inkognito auf der Place Georges Pompidou in Paris Touristen porträtiert. Eine Zeichnung des Malers, für dessen Gemälde in Auktionen mehr als 800 000 Dollar gezahlt werden, kostete fünf Euro. Fünfundzwanzig Werke verschwanden spurlos in amerikanischen und koreanischen Rucksäcken - oder im Müll. Wir haben sie vorher dokumentiert.“ Eine wunderbare Idee der „F.A.Z.“-Redaktion, heute in der Samstagsausgabe eine bezaubernde Reportage von Niklas Maak, die ich leider (noch?) nicht online finden konnte – aber immerhin Fotos und ein Video dazu.

Update: In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ vom 19. August nimmt Peter Richter Daniel Richters (verwandt, verschwägert?) Aktion zum Anlaß, auf einer ganzen Seite über das Porträt als „gesunkenes Kulturgut“ zu reflektieren.

Sind Blogger Journalisten? Und Paris Hilton & Mel Gibson was besonderes?

Gleiche Rechte für Blogger und Journalisten in den USA, wurde Mitte Mai verkündet, Blogger genießen Quellenschutz, hieß es. Im Justizausschuß des US-Kongresses haben Demokraten und Republikaner diesem Free Flow of Information Act aber am 1. August einen entscheidenden Stempel aufgedrückt: Die Pressefreiheit gilt zwar unabhängig vom Medium, ob nun Zeitung, Radiosender oder Blog, in ihren Genuß kommen aber nur Journalisten oder Blogger, die durch diese Arbeit ihren Lebensunterhalt bestreiten oder Gewinn („financial gain or livelihood“) erzielen. (Womit mir als derzeit arbeitsloser Journalist und werbefreier Blogger beispielsweise kein Informantenschutz zustünde.)

Ausgerechnet ein Vertreter der old media springt den Bloggern hier bei. Tim Rutten von der „L.A. Times“ führt heute nachhaltig aus, daß kein Bundesgericht die Grundrechte des Ersten Zusatzartikels zur Verfassung der Vereinigten Staaten (First Amendment) vom Einkommen abhängig machen würde. Vor allem betont er aber, daß heutzutage niemand diese Grundrechte so sehr im Sinne der Verfassungsväter ausübe wie die Blogger.

Gegen Blogger und Onlinemedien zielt auch ein kalifornischer Gesetzentwurf, der vom Verlegerverband kritisiert, auch schon als „Paris Hilton and Mel Gibson Protection Act“ stigmatisiert wurde und es Polizeibeamten und Gerichtsmitarbeitern verbieten soll, Informationen und Bilder an die Medien zu verkaufen. Hier versteht Rutten zurecht nicht die ganze Aufregung. Schließlich bleibe es jedem frei, Journalisten und Blogger zu informieren – nur sollten Staatsdiener damit kein Geschäft machen.

Platz 80


Franziskript, S-O-S SEO Blog, deutsche-startups.de und den GoogleWAtchBlog überholt und der Riesenmaschine auf den Fersen. Ich verstehe einfach nicht, warum mich der Blogscout immer weiter nach vorne schiebt, wo doch die Zugriffszahlen, Links etcetera gerade abnehmen. Wobei der Blogscout selbst, anders als die Bloggerei oder Rivva, null mir null Traffic bringt.

Freitag, 17. August 2007

Elvis nackt und inzestuös

Dreißig Jahre nach Elvis' Tod weiß die „Süddeutsche Zeitung“ dem Thema immer noch neues abzugewinnen. Erst widmet sich Karl Bruckmaier gestern in einer lesenswerten Leichenschändung dem King: „Die Erregung, der schnellere Atem, die eindeutigen Blicke: Wie Elvis zu werden hieß in letzter Konsequenz, dass man Sex mit seiner Mutter haben kann. Bitte keine Leserbriefe.“ Und dann weist heute das Streiflicht auf den finnischen Literaturprofessor Jukka Ammondt hin, der nicht nur Presleys Songs ins Lateinische übersetzt hat, sondern sie auch noch höchstpersönlich zum besten bringt. „Nunc hit aut numquam“!

Gut Ding will Weile haben


Der Blogscout scheint so seinen Trägheitsmoment zu haben, denn obwohl das Dauerklicken von Rivva, der Thüringer Blogzentrale, dem Poplog oder GoogleWatchBlog jetzt schon ein paar Tage her ist, bin ich heute in den Top 100 noch einmal fünf Plätze hochgekraxelt.

Donnerstag, 16. August 2007

Kommentar mit Doktortitel

Untereinander verzichten Träger eines Doktortitels bei der Anrede auf den Dr., aber das gilt offenbar nicht, wenn der schöne Marcel, sorry, Dr. Marcel, in seinem eigenen Blog kommentiert...

Facebook down - wenn's hilft


Erst sperrte Google/Blogspot den FacebookSecrets-Blog, wo ein Anonymus Teile des – irrtümlicherweise von Facebook selbst preisgegebenen – Quellcodes veröffentlicht hatte, und jetzt ist zumindest mein Facebook-Account nicht erreichbar. Ob die gerade ihre Sicherheitslücken flicken?

Vuitton braucht keine Miete zahlen

Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen. Anläßlich von Takashi Murakamis Ausstellung in Los Angeles wird Louis Vuitton inmitten der Ausstellungsräume im LA MOCA vom 29. Oktober bis 11. Februar ein Geschäft einrichten und Sonderauflagen von Handtaschen und anderen Accessoires im Murakami-Look für jeweils 875 bis 920 Dollar verscherbeln. Und dafür laut der „LA Times“ dem Museum weder Miete, noch eine Provision zahlen. (via Saatchi Online)

Law & Mörder

Das neueste heiße Ding im US-Fernsehen ist „Damages“, eine neue Anwaltsserie mit Glenn Close als New Yorker Alphaweibchen, und so ziemlich das Beste und Überraschendste seit „24“. Selten wurde in so großem Stil intrigiert, betrogen und gemordet. Und in Ted „Cheers“ Danson hat Close einen wunderbaren Widerpart in der Rolle eines milliardenschweren Magnaten. Brillant geschrieben, atemberaubend gut gespielt und schwindelerregend inszeniert. Wer einen Onkel in Amerika hat, weiß, worum er ihn jetzt bitten kann.

Snowbunny Warhol


Okay, Andy Warhol hatte eine schneeweiße Perücke, aber wieso ihn sich Burton jetzt als Paten einer neuen limitierten Snowboarder-Kollektion ausgeguckt hat, erschließt sich mir nicht ganz so. Ich habe so meine Zweifel, ob Andy heutzutage seine Factory verlassen hätte, um den Hüttenzauber von Aspen zu genießen...





Stippvisite in den Top 100

Lange lag ich bei Blogscout irgendwo im vierstelligen Bereich, dann hatte ich mich irgendwo zwischen Platz 231 und 678 eingegroovt, aber heute ging es kurz einmal auf Platz 98 der Top 100. Schön, aber sicher nicht von Dauer...

Mittwoch, 15. August 2007

Und wie duftet Coco?

Hoffentlich wie Keira Knightley, wenn man dieser Chanel-Anzeige glauben darf. Oder riecht jetzt Keira wie Coco Mademoiselle? Oder nur nach viel Geld?
(via Egostatic)

Der Duft von Kokain

Wie riecht Koks? Dem „New York“ Magazine zufolge offenbar genauso wie die Duftnote Tuscan Leather (50 ml ca. 122 Euro) aus Tom Fords neuer Unisex-Parfumlinie: „“That’s what everyone says,” admits a counterboy at the Ford store on Madison, who adds that one customer even bought a bottle because he thought it smelled like coke.“ Dann will ich mal wünschen, daß es genauso auf Frauen wirkt... „Um kostenlos an Kokain ranzukommen, schlafen Frauen mit Männern, mit denen sie unter normalen Umständen nicht mal tanzen würden.“ (Chuck Klosterman im „Spiegel“ 38/06) In Deutschland dealen übrigens unter anderem Douglas, Oberpollinger, das Kadewe und Alsterhaus damit.
(via Condé-Nasts style file; „The designer wasn't available for comment.“)

Update vom 17. Februar 2018:

Wenn schon 300,...

Wenn schon „300“, dann bitte so:



(via Guanabee)

Die Wahrheit hinter dem philippinischen Knast-„Thriller“

Wenn Knackis tanzen, muß es nicht immer lustig zugehen. Zumindest für die Insassen. Die Musikvideos des philippinischen Gefängnisses auf Cebu mit Massenchoreographien zu Michael Jacksons „Thriller“, „YMCA“ von Village People, „Sister Act“ und „Radio Gaga“ von Queen haben via YouTube viele amüsiert. Doch sind die 1500 Gefangenen wirklich „stolz“ auf ihren Erfolg? ABC News haben nun die Hintergrundgeschichte dieses nicht unbedingt ganz so unschuldigen Vergnügens recherchiert.



(via Defamer)

Säuberungsmaßnahme im „freundin“-Blog

Es ist, als ob Victor, le nettoyeur, die „freundin“-Blogs heimgesucht hätte. 99 Prozent der Blogeinträge von Narziss und Goldhund sind gelöscht worden, aber Meister Propper war Narziss selbst. Die Feiertagsruhe im katholischen Bayern nutzte er, um das Ende seiner Bloggerei für Burda zu verkünden. Zukünftig wird er nur noch seinen kleineren, freieren Privatblog pflegen, wohin er auch seine alten „freundin“-Texte transferiert hat. „Ich habe inzwischen (leider) zu wenig Zeit, um mich um diesen Blog so zu kümmern, wie ich selber denke, daß man sich um einen Blog kümmern sollte, der einem von einem Medium, wie der freundin, zur Verfügung gestellt wird“, schreibt er, fand aber offenbar trotz „sehr sehr sehr viel“ Arbeit die Kraft und Zeit, geschätzte hundertzwanzig Beiträge zu kopieren und neu einzustellen. Einerseits vorbildlich, seinen Lesern bei Blogspot den vollständigen Narziss zu offerieren. Aber wieso machte er sich die Arbeit, die ganzen schönen Beiträge bei der „freundin“ zu löschen – tabula rasa? Schließlich sind die ganzen anderen eingestellten Blogs über ihre Direkt-URL weiterhin online, auch wenn sie im „freundin“-Aggregator nicht mehr auftauchen. Damit ist auch der letzte noch verbliebene Blogger aus meiner Ära bei der „freundin“ von Bord gegangen. (via Blog Queen)

Filmsensibelchen Uwe Boll

Während der Filmfestspiele von Cannes feierten die Macher des „Goldenen Nazivampirs“ ihren Gesinnungsgenossen Uwe Boll und dessen Verfilmung des Shooter-Games „Postal“ gar stürmisch: „Ich weiß, der deutsche Filmemacher Uwe Boll wird landläufig gerne als 'schlechtester lebender Regisseur' geschmäht, und seine Kritiker haben ein gigantisches Talent bewiesen, äußerst bunte und saukomische, schändliche Kommentare zu jedem neuen Werk aus seiner Produktionsschmiede Boll KG hervorzubringen. Und ja - sicherlich ist die Qualität seiner Filme diskussionswürdig. Bis jetzt. Denn jetzt kommt 'Postal'. Wir hatten das Glück, Uwe Boll in Cannes kennenzulernen und haben uns mit ihm zu unterhalten, nachdem er uns persönlich in das zweite Market Screening seines neuesten Werkes 'Postal' eingeladen hatte. Ich kann meinen Hut nur ganz tief ziehen vor einem Mann, der den internationalen Film so unerwartet und grandios aus einer Krise gerissen hat. 'Postal' ist nicht mehr und nicht weniger als ein Geniestreich.“
Der Filmkritiker von „Wired“ sah das etwas anderes und mußte sich nach seinem Verriß von Boll recht rüde beschimpfen lassen: „your review shows me only that you dont understand anything about movies and that you are a untalented wanna bee filmmaker with no balls and no understanding what POSTAL is. you dont see courage because you are nothing. and no go to your mum and fuck her ...because she cooks for you now since 30 years ..so she deserves it. people like you are the reason that independent movies have no chance anymore.
uwe boll
PS: POSTAL is R RATED. The MPAA understood the satire -- you not -- you dumb fuck“

Immerhin fordert „Raging Boll“ seine Kritiker nicht mehr zum Boxkampf heraus. Aber es ist schon merkwürdig, daß die Urheber der geschmacklosesten Machwerke oft zugleich die sensibelsten, äh, Künstler sind. (via Defamer)

Von Alpha-Männchen und Beta-Weibchen: Neue Front im Print

Liegt's an den billigen Mieten, den willigen Journalisten oder der selbstverliebten Hauptstadt-Hybris wie zu alten Insulanerzeiten? Jedenfalls scheint Berlin das Mekka der coolen, neuen, stylishen Print-Titel zu sein. „Zoo“, „Deutsch“ und gerade eben druckfrisch als Nullnummer auf dem Tisch: „Front“. Nachdem Dirk Ludigs und Ejo Eckerle ihre Neugründung eine Zeit lang als Magazin für homo- und metrosexuelle Männer unter Wert angekündigt haben, prangt jetzt auf der Erstausgabe „Das Neue-Männer-Magazin“ als Untertitel, eine weit elegantere Charakterisierung. 148 unterhaltsame Seiten. Mode & Esprit. Ironie & Selbstbewußtsein. Mitarbeiter wie Jens Bisky, Adriano Sack und Ali Kepenek. Schandmaul Martin Schacht protokolliert den Drogenentzug eines ungenannten Fernsehstars. Berlinale-Sous-Chef Wieland Speck plaudert über seine Fuckbuddies und überrascht mit einer seltsamen Differenzierung zwischen schwulen und straighten Blickficks:

„Front“: Was überrascht dich heute noch an deinem sexuellen Verlangen?
Speck: Das sind die Blicke, die ich natürlich auch von meinen heterosexuellen Kollegen kenne, wenn ich mit ihnen durch die Gegend laufe und du merkst, der hört gerade nicht zu, weil er auf Titten und Ärsche guckt. Und das geht mir natürlich genauso mit Männern. Bloß, dass ich es immer noch empörend finde, eine Frau so anzusehen, weil es immer das Alpha-Männchen ist, das auf das Beta-Weibchen herabschaut.
„Front“: Du willst doch nicht sagen, dass das etwas völlig anderes ist, wenn der Herr Speck dem Praktikanten auf den Po schaut? Nur weil das ein Mann ist?
Speck: Bei Heteros ist da weiterhin eine chauvinistische Mechanik am Werk. Die Frau wird damit verniedlicht und klein gemacht; wenn ich auf einen Jungen zugucke, erhebt ihn das gar und steigert ihn im Wert. Da ist eine kapitalistische Mechanik drin, die ich stark empfinde. Es geht am Ende um Würde, den ganzen Tag und überall.“


Eben ein Heft, das zu Widerspruch anregt, und wann hat man das schon in dieser glattgebügelten Branche? Einziges Manko beim ersten Durchblättern: Etwas viel Levi's bei den Trendnews inklusive einer Danksagung an deren PR-Agentur im Impressum. Aber schließlich ist es auch nur die Nullnummer. Man darf gespannt sein, wie es sich im September mit der ersten regulären Ausgabe anläßt.

Petit déjeuner musical (33)

Messieursdames, Barbara – avec l'aimable assistance de Georges Moustaki!





Dienstag, 14. August 2007

Stellenanzeigen (7)

Die Medienlese sucht „Insider und Medienkenner (...) vorzugsweise natürlich ehemalige Chefredakteure und gefeuerte Verlagsmanager“, um bezahlterweise in dem Medienblog zu schreiben.
„In Deiner Bewerbung teilst Du uns bitte ein bisschen etwas über Dich und Deine Eignung für den Posten mit und erklärst uns in ein paar Sätzen Deine Motivation für eine Mitarbeit bei Blogwerk. Dazu lieferst Du fünf konkrete Ideen für Artikel auf medienlese.com und zwei wenigstens grob verfasste (besser: ausformulierte) kurze Testpostings“. Das klingt eher nach einer Stellenausschreibung für Anfänger und die Johannes Boies dieser Welt, denn nach einem Aufruf an ernstzunehmende Insider.

Exhibitionismus und Peep-Show-Luden

Harvard-Professor Viktor Mayer-Schönberger plädiert heute in der „Süddeutschen Zeitung“ wie so viele für ein Verfallsdatum privater Internetveröffentlichungen, um die informationelle Selbstbestimmung über die Zeit zu retten: Denn „das menschliche Gehirn ist darauf angelegt, Dinge zu vergessen, das ist eine wichtige Voraussetzung für unsere geistige Gesundheit. Doch das digitale Zeitalter lässt uns nicht mehr vergessen. Informationen im Netz werden aus dem Zusammenhang gerissen, alles wirkt gleich aktuell. Es fehlt die Zeitachse - und damit die Möglichkeit, Informationen, die weit zurückliegen, als weniger bedeutend darzustellen.“
Andere wünschen sich eine dem schnellen, wie unvergeßlichen Netz angemessene Medienerziehung, damit die jungen Leute über die Konsequenzen nachdenken, bevor sie weiß Gott was über sich online stellen. Ich persönlich denke, daß jeder selbst dafür verantwortlich ist, was er im Internet offenbart und Suchmaschinen wie Google und Spock ausliefert. Wichtiger wäre es gerade bei uns in Deutschland, den Menschen Brüche in ihrer Biografie, Gesinnungswandel und die eine oder andere Pleite zuzugestehen, ohnen ihnen daraus einen Strick zu drehen, statt an den Lebensläufen herumkorrigieren zu wollen.
Ganz anders verhält es sich aber mit dem, was man über Dritte veröffentlicht. In den ersten Tagen als „freundin“- und privater Blogger habe ich auch noch Partybilder mit Vor- und Nachnamen der Abgebildeten veröffentlicht und erst im Nachhinein korrigiert. Nicht jeder will sich per Google stalken lassen, und jeder sollte selbst darüber entscheiden, wo er sich welche Blöße gibt.
Justin Patchin von der University of Wisconsin-Eau Claire hat Ende letzten Jahres nach dem Zufallsprinzip 2423 MySpace-Profile von Teenagern ausgewählt. Nur 1500 davon waren überhaupt öffentlich zugänglich, und viele hielten sich auch bei detaillierten persönlichen Angaben zurück. Interessant finde ich aber, daß zwar nur fünf Prozent der Jugendlichen sich selbst in Unterwäsche oder Badeklamotten präsentierten, aber dreimal so viel, 15 Prozent, auf ihrer MySpace-Seite Bilder von anderen Jugendlichen in Unterwäsche oder Badeklamotten zur Schau stellten. Da muß Erziehung und Selbstkontrolle ansetzen, da wird das Netz zur miesen Spanner-Nummer.