Freitag, 25. März 2016

Making-of: Das Turi2-Geburtstagsinterview

Zwei Journalisten, drei Wahrheiten. Dienstag fragte Markus Trantow von der Turi2-Redaktion wegen eines Geburstagsinterviews an. Ich beantwortete die mir zugemailten Fragen schriftlich (telefonisch hatte man mir als Option ausdrücklich angeboten).
Heute erschien dann der Text anläßlich meines 55. im Rahmen der Rubrik „Wir graturilieren“ – nicht als Wortlautinterview, sondern bearbeitet von Michel Penke. Hier zum Vergleich die unbearbeitete, vollständige Fassung.

Was war toll am abgelaufenen Lebensjahr? Was blöd? 

Toll: Ich habe es überlebt. Viele Freunde, Bekannte und Kollegen leider nicht. Man sollte sich also nicht nur um Print Sorgen machen. Inzwischen kenne ich mehr Verstorbene als Lebende, aber das ist vielleicht auch altersgemäß. (Wenn es meine Partnerinnen schon nicht sind.)
Blöd: Ich wollte mehr bloggen. Aber was ich auch an Themen aufriß, ob Indira Weis’ Schleichwerbung auf Snapchat, Amazons Geschachere mit Hitlers „Mein Kampf“ oder den journalistisch wie politisch fragwürdigen Steinhöfel-Auftritt in einem Medienmagazin – kaum jemanden interessierte es.

Was wünschen Sie sich fürs neue Lebensjahr? 

Wieder mehr selbst schreiben als Interviewfragen zu beantworten.

Wie feiern Sie den Geburtstag? Wo? 

Mein Geburtstag fällt heuer auf Karfreitag. Gleich doppelt ärgerlich, da nicht mein Ostern – wir Orthodoxe feiern erst in fünf Wochen. Und katholisches Karwochenende bedeutet in München Tanzverbot und sogar absolutes Musikverbot. Die meisten Freunde sind zudem verreist. Zum Glück feiert eine Freundin, die russische Künstlerin Maria Justus, abends Vernissage in den Goldberg-Studios. Die Party werde ich wohl kapern.

Auf welchem Weg sind Gratulationen willkommen? 

DE55 7015 0000 0017 1401 46

Was war das Beste, was Sie im Leben erreicht haben? 

Meine Bücher als Verleger. Feinstes von Eugène Ionesco, Serge Gainsbourg, Valérie Valère und Emily Brontë.

Was wollen Sie noch getan haben, bevor Sie sterben? 

Die Concorde fliegt nicht mehr. Also bleibt nur noch ein unerfüllter Lebenstraum: Ein Aufenthalt in Montreal. L'Été Indien.

Was beschäftigt Sie gerade? 

Die Phänomenologie des Nachtlebens. Mein Lebensthema. Irgendwann werde ich es in Worte fassen können.

Sonntag, 20. März 2016

Wochenplan

Episode #4: Dominik Graf & Bert Rebhandl analysieren Zbynek Brynychs Episode „Sportpalastwalzer“ von „Der Alte“ / Kammerspiele, Book-Release-Party „Pastinaken raus!“  und „Migrantenstadl“ / Köşk, Frühlingsfest, Opening Ruffini's Pop-Up-Store ft. Stephanie Kahnau, Fattoria Pilloni, Studio David Lehmann, Reimann & Bordihn, Edition Taube, Milli Monka und Vanook, LUNAparty / Blue Spa im Bayerischen Hof, Vernissagen Zeitgenössische Kunst aus dem Centre Pompidou / Haus der Kunst (Foto) und Maria Justus & Sebastian Schulz / Goldberg-Studios, 55, Beginn der Sommerzeit, Pressevorführungen „The Jungle Book“, „Batman vs Superman“, „The Huntsman and the Ice Queen“ und „Green Room“

Foto: Lijun Fang – „Untitled“, Centre Pompidou, MNAM-CCI/G

Sonntag, 13. März 2016

Der Münchner Merkur – und eine Zeitungsente von internationalem Format (Update)

„Dewey Defeats Truman“ – mit dieser falschen Schlagzeile schrieb die „Chicago Daily Tribune“ am 3. November 1948 Zeitungsgeschichte. Denn tatsächlich hatte Präsident Harry S. Truman überraschenderweise die Wiederwahl gewonnen und die konservative Redaktion bei dem Versuch, einen Scoop zu landen, auf den favorisierten republikanischen Herausforderer Thomas E. Dewey als unvermeidlichen Wahlsieger gesetzt und dabei einfach nur daneben gehauen.
Weniger bekannt mag sein, daß die Redaktion des „Münchner Merkur“ den gleichen Fehler beging. Das Wahlergebnis in den USA war erst nach Redaktionsschluß zu erwarten, doch um die örtliche Konkurrenz auszustechen, hatte Chefredakteur Felix Buttersack auf das vermeintlich sichere Pferd gesetzt – so erzählte es zumindest Dirk Ippen, inzwischen Verleger des Münchner Traditionblattes, heute in seiner Kanzelrede in der Münchner Erlöserkirche auf Einladung der Evangelischen Akademie Tutzing. Laut Redemanuskript: „Der Lizenzträger des Münchner Merkur, Felix Buttersack, wollte nun unbedingt in seiner damals mittags erscheinende Zeitung als erster die Meldung vom Sieg des Republikaners Dewey haben. Unbekümmert ließ er daher eine Zeitung mit entsprechender Schlagzeile drucken. Dabei war das Rennen noch gar nicht gelaufen und der Sieger wurde am Ende bekanntlich Truman.“
Der „Spiegel“ von 1948 schreibt dagegen: „Als er morgens gegen ½4 Uhr in der Redaktion seinen Mantel anzog, um zu einer Party zu fahren, hatte er ausdrücklich befohlen, den fertigen Dewey-Sieges-Merkur von der Rotationspresse fernzuhalten. Als er eine gute Stunde später zurückkam, war 'durch ein technisches Versehen' die Presse im Gange.“
Das „Time Magazine“ wiederum: „In Munich, Publisher Felix Buttersack moaned: 'What shall I do?' Two hours after the polls closed, his newspaper, Merkur, had scooped Bavaria with the headline: THOMAS E. DEWEY—AMERICA'S NEW PRESiDENT. Merkur carried a vivid account of how the victorious Governor Dewey had thanked the people in a radio address. Buttersack said he had simply trusted the polls. 'What,' added Felix Buttersack, 'is Dr. Gallup going to do?'“
Ippen zufolge fürchtete Buttersack, wegen der kapitalen Falschmeldung von den amerikanischen Besatzungsbehörden die Zeitungslizenz entzogen zu kriegen. Was ihn wohl rettete, war eben, daß den Chicagoer Kollegen der gleiche fatale Fehler unterlaufen war. Ippen: „Bei solchen Missbräuchen der Pressefreiheit verstanden die Amerikaner keinen Spaß, so dass Buttersack umgehend zur US-Pressekontrolle in München bestellt wurde. Da stand er mit weichen Knien, denn das hätte ihn die Lizenz kosten können. Was ihn schließlich gerettet hat, war die Tatsache, dass auch die berühmte amerikanische Chicago Tribune den gleichen Fehler gemacht hatte.“
Ippens Anmerkung, in den amerikanischen Journalistenschulen würde diese Art falscher Berichterstattung bis heute als „Buttersack“ bezeichnet werden, mag hoffentlich nur ein schlechter Witz gewesen sein. Im Manuskript seiner Rede, die „Zeit und Zeitung – Erlebtes aus 8 Jahrzehnten“ heißt, bezieht er sich – wie allzu oft in seinem Vortrag – nicht auf selbst Erlebtes, sondern nur auf Hörensagen: „Ein amerikanischer Journalist aber hat mir vor Jahren berichtet, dass man dort heute noch eine Sensationsmeldung, die sich hinterher als falsch erweist 'a Buttersack' nennt…“ Höchstwahrscheinlich auch nur wieder eine Zeitungsente...

Wochenplan

Philipp Felsch: „Laborlandschaften. Die Alpen als Raum der Wissenschaft“ / Eres-Stiftung, Orientalic / Salon G in der Akademie der Bildenden Künste, „Keine Angst vor Partizipation – Wohnen heute“ / Architekturmuseum, ndF: after work Pressecocktail / Parkcafé, St. Patrick's Day, „Internethetze, Pick-Up-Artists und Co. – der ganz alltägliche Frauenhass“ – Laurie Penny und Marlene Streeruwitz im Gespräch mit Julia Fritzsch / Literaturhaus, Premiere des ARD-Eventfilms „Das Geheimnis der Hebamme“ in Anwesenheit von Ruby O. Fee, Steve Windolf, Franz Xaver Kroetz, Sabin Tambrea, Susanne Wuest, Sabine Ebert und Roland Suso Richter / Gloria-Palast, Content Marketing – Konkurrenz für den Journalismus? / Presseclub, Eric von Hippel: „Free Innovation and the Internet“ / Bayerische Akademie der Wissenschaften, Bring your own! – Besucher und ihre Lieblingsmusik / Lenbachhaus, Art Meets Fashion / Saffeels, Karim El-Gawhary liest aus „Auf der Flucht“ / Klang im Dach, Special Screening von „Eddie the Eagle“ in Anwesenheit von Hugh Jackmann, Iris Berben und Eddie Edwards / Mathäser, Thomas Darchinger: „A gmade Wiesn“ / Schloss Kempfenhausen, Pressevorführungen „Vor der Morgenröte“, „Mängelexemplar“, „Junges Licht“, „Hope for All“, „Sing Street“, „Criminal Activities“ und „High Rise“ (Foto)

Freitag, 11. März 2016

Feine erste Sätze (20)

„Der Wintertransfermarkt hat im Profifußball einen ähnlich glamourösen Ruf wie der Einzelhandel für gebrauchte Elektroprodukte im Bahnhofsviertel.“
Philipp Selldorf in der „Süddeutschen Zeitung“

Sonntag, 6. März 2016

Wochenplan

Michaela Melián: „Electric Ladyland“ / Kunstbau, Mircea Cărtărescu: „Die schönen Fremden“ / Literaturhaus, Premiere von Doris Dörries „Grüße aus Fukushima“ / City, „Bilder, welche Bilder? Über Abstraktion und Realität in den Alpen“ – Künstlergespräch mit Hansjoerg Dobliar, Philipp Messner und Walter Niedermayr / Eres-Stiftung, Vernissagen Käthe deKoe & Steffi Pusch: „A Land is a Scape is a Soul“ / Ingo Seufert und Valentina Murabito: „Against Identity“ / ponyhof artclub, „Im Visier der Meute. Journalistische Recherche zwischen Fairness und Exzess“ – Tagung mit Susanne Gaschke, Jörg Kachelmann, Sabine Kehm, Peer Steinbrück u.a. / Akademie für politische Bildung Tutzing, Klyne / Tonhalle, „Zeit und Zeitung – Erlebtes aus acht deutschen Jahrzehnten“ – Kanzelrede von Dirk Ippen / Erlöserkirche an der Münchner Freiheit, Pressevorführungen „Peggy Guggenheim – Ein Leben für die Kunst“ (Foto), „Auferstanden“, „Der Spion und sein Bruder“, „Die Bestimmung – Allegiant“, „Familie zu vermieten“, „Gods of Egypt“, „Ich bin tot, macht was draus“, „Kung Fu Panda 3“, „A War“ und „Café Belgica“

(Foto: Roloff Beny / Courtesy of National Archives of Canada)

Freitag, 4. März 2016

Dr. Burda & Mr. Hyde: der Datenspagat zwischen Cliqz und Grow (Update)

Gute Daten, schlechte Daten? Wer dieser Tage öfters im Arabellapark zu tun hat, droht der Verwirrung anheimzufallen. Denn einerseits wuppt man bei Burda das nächste große Online-Ding. „Wir erfinden das Internet neu“. Kein Wunder, daß sich unlängst sogar Sigmar Gabriel den neuesten heißen Scheiß persönlich vorführen ließ: Cliqz, einen Zwitter aus Browser und Suchmaschine, der zwar noch irgendwie beta ist, aber jetzt offiziell vorgestellt werden soll.
Ein Internet-Wolpertinger, der vor allem eines sein will: lieb und gut. Anders als die böse Datenkrake Google, die sogar die Deutschen trackt, die gar keine Google-Produkte nutzen. Und sollte das jemand verdrängt haben, so lancierte Cliqz sicherlich nicht zufällig oder uneigennützig vorletzte Woche eine Studie, die daran erinnert, wie böse Google ist.
Cliqz dagegen ist so gut und rein, daß es sogar das alte „Focus“-Primat aufwärmen darf: „immer an den Leser denken“. Bei Cliqz klingt das jetzt so: „Immer zuerst an die Nutzer denken. Das unterscheidet uns von den Konzernen, die das Internet heute beherrschen. Sie gestalten das Web nach ihren Interessen und den Interessen der Werbeindustrie. Wir haben eine ganz andere Vision vom Internet. Wir glauben an ein Internet, in dem Werte wie Transparenz, Privatsphäre, Offenheit, Sicherheit und Respekt zählen. Ein Internet, in dem persönliche Daten im Besitz der User bleiben und in dem sie auf dem kürzesten Weg zum Ziel kommen – auch wenn das weniger Werbemöglichkeiten bedeutet.“
Klingt schön. Aber klingt das auch nach Burda? „Daten sind das neue Öl“ wird der Vorstandsvorsitzende Paul-Bernhard Kallen in der aktuellen Mitarbeiterzeitung zitiert. „Um in der Consumer Internet Industrie erfolgreich zu sein, ist der Zugang zu Daten entscheidend. Und wenn sowohl der Zugang zu Daten als auch der Zugang zu Konsumenten in der Hand weniger Monopolisten sind, kann es keinen fairen Wettbewerb geben.“ Und so arbeitet man im Haus nicht nur an Cliqz. Im Rahmen des aktuellen Transformationsprogramms „Grow!“ verfolgt man andere Ziele, die aber durchaus den Leser, nein, User, nein, „Konsumenten“ auch „in den Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns stellen“. Ingo Rübe, CTO Burda Magazine, führt das näher aus: „Voraussetzung dafür ist die zielgerichtete Datenerfassung durch die Nutzung der passenden Technologie und der geeigneten digitalen Werkzeuge“. Nach zwölf Monaten intensiver Arbeiten stünde nun das Modul Data & Analytics bereit, mit dessen Hilfe man anonyme Nutzer in identifizierbaren Konsumenten verwandle. „Keiner unserer direkten Mitbewerber verfügt bislang über vergleichbare technologische Möglichkeiten“, um gerade im Zuge der Digitalisierung über die Nähe zum Menschen neue Erlösquellen zu schaffen.
Gute Daten, gute Daten. Mal für den User, mal für den Tracker. So vielseitig können Konzerninteressen sein, gerade wenn man das Internet noch nicht beherrscht. Damit sich das ändert, sucht man bei Cliqz noch Mitarbeiter und buhlt um sie mit gewagten Behauptungen„Food & Fun – Häufig findet man uns in der Kantine bei einem leckeren Mittagessen“. Da will man hoffen, daß die Crew vom Internet mehr versteht als vom Essen im Burda-Casino.

Montag, 29. Februar 2016

Montag, 22. Februar 2016

Wochenplan

„Verrat oder Aufklärung? Die Rolle von Whistleblowern für Demokratie und Medien“ – Tagung mit Markus Beckedahl, Ulrich Chaussy, Annegret Falter, Inge Hannemann, Wolfgang Nešković u.a. / Akademie für politische Bildung Tutzing, Lebensentwürfe junger Frauen und Männer in Bayern / Lothringer 13, LUNAparty / Blue Spa im Bayerischen Hof, Episode #3 – Ekkehard Knörer und Doris Akrap diskutieren über „Homeland“ / Kammerspiele, Klaus G. Sauer: „Verlage in der NS-Zeit“ / NS-Dokumentationszentrum, Thomas Darchinger: „A gmade Wiesn“ / Freiraum Münsing und Hofspielhaus, Verleihung des Ehrenpreises der Landeshauptstadt München an Herlinde Koelbl, Chris Dercon & Romuald Karmakar: Gespräche über Kooperation und Solidarität / Kammerspiele, Vernissagen „Half a Pound of Art“ / Størpunkt, Olaf Metzel: „Sixpack“ / Galerie Klüser 2, „American Gothic“ / super+Centercourt und Thomas Gentille – American Jeweler / Die Neue Sammlung, „Bring Your Own!“ – Besuchen legen ihre Lieblingsmusik auf / Lenbachhaus, Abrißparty des Münchner Presseclubs, La Nuit des César, TSV1860 – Fortuna Düsseldorf, „Lola Montez“ (Foto) und „Citizen Kane“ / Filmmuseum, Oscars / Pro Sieben, Pressevorführungen „Nur Fliegen ist schöner“, „Das Tagebuch der Anne Frank“, „The Lady in the Van“, „Die Kommune“ und „Chevalier“

Sonntag, 14. Februar 2016

Wochenplan

Superfood mit Susanne Bingemer / Broeding, Vernissagen Wolfgang Tillmans: „Playback Room“ / Lenbachhaus und Urban Art Preview ft. Banksy, Ben Eine, Swoon, Nick Walker & friends / Galerie Kronsbein, Pub'n'Pub: „Blind Date? Buchverlage treffen Leser“ mit Rita Bollig (Random House) / Fraunhofer Theater, the 58th Grammys / Sixx, „30 Jahre Lokalrundfunk in Bayern – Wie geht's jetzt weiter?“ Podiumsdiskussion mit Ilse Aigner, Ulrike Gote, Erich Jooß und Jutta Müller / Literaturhaus, Kriegstagebuch einer jungen Münchner Nationalsozialistin – Die Aufzeichnungen Wolfhilde von Königs 1939-1946 / Stadtarchiv, 50. GQ First Look ft. Osca (Foto) / Goldene Bar, „Die Macht der strategischen Kommunikation“ – Jahrestagung Netzwerk Medienethik mit Günter Bentele, Alexander Filipović, Stefan Kornelius, Regine Kreitz, Julius van de Laar u.v.a. / Hochschule für Philosophie, Sondervorführung von „Spotlight“ samt anschließender Podiumsdiskussion zum Thema „Warum ist investigativer Journalismus heute wichtiger denn je“?“ mit Karoline Meta Beisel, Catharina Felke, Bastian Obermayer, Frederik Obermaier und Dominik Schütte, „Bonjour Tristesse“ / Filmmuseum, Ritournelle ft. Actress, Andy Scott, Junior Boys, Jessy Lanza, Aisha Devi und die Zenker-Boys / Kammerspiele, Märzchenfest, Pressevorführungen „Midnight Special“ und „Freunde fürs Leben“

Samstag, 13. Februar 2016

Popa ante Portas – von der Munich Security Conference erst sistiert, dann gesperrt?

„Festung Siko“. So titelt der Münchner Boulevard Jahr für Jahr gern anläßlich der wiederkehrenden Münchner Sicherheitskonferenz. Am 7. Februar 2015 sollte es besonders sicher zugehen, schließlich waren mit US-Vizepräsident Biden, US-Außenminister Kerry und Angela Merkel gleich drei big shots in den Konferenzhallen des Bayerischen Hofs. Höchste Sicherheitsstufe. Oder etwa nicht?
Angeblich soll es ausgerechnet an diesem Tag einem Individuum ohne die zwingend erforderliche security clearance gelungen sein, in die green area der 51st Munich Security Conference einzudringen. Und noch weit dreister: der Unbekannte entkam so schnell, daß er die Sicherheitskontrolle zwischen der gelben und grünen Zone, die Einlaßkontrolle am Hoteleingang, den Sicherheitsperimeter am Promenadeplatz sowie den vorgezogenen Sicherheitsperimeter an der Theatinerstraße passieren konnte, bevor die Sicherheitsbehörden dazu gekommen wären, seine Identität zu klären. Zurück blieb nur ein Foto, das ihn eben auf frischer Tat zeige.
Wer könnte dieser mysteriöse, alle Sicherheitsvorkehrungen überwindende Fremde nun gewesen sein? Fantomas? Jack Bauer? Peter Quinn? Nein, noch weit fiktiver – und ich bin davon am meisten überrascht worden: Ich selbst, als akkreditierter Berichterstatter, soll den mir zugewiesenen gelben Bereich listenreich verlassen haben.
Und so wurde ich offenbar am 7. Februar 2015 zur Fahndung ausgeschrieben und ein Foto von mir als dringlich zu identifizierende Person zumindest auf die Handys der auf der Siko eingesetzten Polizeibeamten verschickt, mit der Aufforderung, mich bei Erscheinen festzuhalten und meine Personalien festzustellen. Angesichts meines eher wilden Haarwuchses unter all den geschniegelten Konferenzteilnehmern ein leichtes Unterfangen.
Seit 2013 war ich als Journalist bei der Münchner Tagung regelmäßig akkreditiert gewesen. Nachdem sich meine Artikelthemen gewandelt und ich mich für den 51. Durchgang 2015 nicht zurückgemeldet hatte, schrieb mich das Media Team um Pressesprecher Oliver Rolofs wiederholt an, wies mich daraufhin hin, daß für mich ein Platz im Pressepool reserviert sei, und akkreditierte mich schließlich weit nach Anmeldeschluß, als ich doch noch seiner Aufforderung zu einer Teilnahme nachkam.
Business as usual also. Entsprechend begann Sonntag, der 8. Februar 2015, wie der gewohnte lätscherte dritte Konferenztag. Ich hatte keine drei Stunden geschlafen, die winterliche Innenstadt war menschenleer, ich näherte mich kurz nach 8 Uhr dem Bayerischen Hof. Die uniformierten Polizisten am Promenadeplatz hatte ich schon passiert, als mich eine Beamtin doch noch zurückrief und nach meinem Personalausweis fragte.
Wenige Minuten später hatte ein Zivilbeamter, der sich mit nichts anderem als dem Konferenz-Badge auswies („Oswald – Police“), das Kommando übernommen. Ich war zur Identitätskontrolle ins Hotel geführt worden, umringt von einem halben Dutzend uniformierter und ziviler Beamter. Als ob sie jederzeit mit einem Fluchtversuch rechneten.
Mein Personalausweis wanderte von Hand zu Hand. Den unterschiedlichsten Dienststellen wurden meine Personalien telefonisch übermittelt. Und selbst nachdem bei einem weiteren Anruf geklärt worden war, daß ich weiter an der Tagung teilnehmen durfte, sistierte man mich noch ein bißchen länger, bis meine Daten wirklich allen Interessenten übermittelt worden waren.
Die Räuberpistole von meinem unbefugten Eindringen erzählte mir Oswald übrigens mit dem süffisanten Grinsen eines Captain Renault, wobei meine Rolle in diesem Vergleich keineswegs die Bogarts, sondern die von Peter Lorre wäre. Der Polizist wußte, daß es eine Lüge war. Ich wußte es. Und es war ihm egal, was ich daraus machen würde.
Nun war es wirklich nicht das erste Mal, daß ich Probleme mit der Münchner Polizei gehabt hätte. Sei es, daß man beispielsweise anläßlich der Studentenproteste 2009 andere Journalisten und mich rechtswidrig am Betreten der Ludwig-Maximilians-Universität gehindert hätte, wofür sich dann seltsamerweise Unipräsident Huber rechtfertigen mußte und nicht etwas die Verantwortlichen vom Kommissariat für politisch motivierte Kriminalität (Links). Zwei Jahre später hatte mich die Polizei die Treppe an der Feldherrnhalle heruntergestoßen, nachdem ich meinen Presseausweis zückte. Aber das waren alles in ihrer Entwicklung durchaus nachvollziehbare spontane Entgleisungen im Rahmen hitziger Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten.
Die Vorkommnisse im Bayerischen Hof waren dagegen kaltblütig geplant. Doch warum hatte man mich über eine halbe Stunde unter beachtlichem Personaleinsatz festgehalten? Ein unbotmäßiger Tweet oder ein unangemessenes Foto können es nicht gewesen sein, denn als akkreditierter und damit auch einer Sicherheitsüberprüfung unterliegender Teilnehmer waren diese für jeden identifizierbaren Veröffentlichungen mir eindeutig zuzuordnen.
Offenbar war ich irgendwo abgelichtet und mit Hilfe dieses Bildes zur Fahndung ausgeschrieben worden. Zugleich muß man auf dem Bild erkannt haben können, daß ich ein Konferenzteilnehmer war. Ich trug also mein gelbes Media Badge sichtbar. Und da kommen nur zwei Situationen in Frage:
Samstag vormittag hatte ich im Arabellapark den öffentlich geparkten Hazmat Truck des US Secret Service und einen Pick-up aus dessen Fuhrpark fotografiert und geflickrt. Anschließend hatte ich die No-NATO-Demo am Marienplatz dokumentiert. Hatte ich nun US-Dienste oder die Münchner Polizei mit meiner Anwesenheit so sehr irritiert, daß sie mich identifizieren wollten? Ersteres schließt ein hochrangiger Insider nahezu aus. Die Münchner Polizei dagegen kennt mich so gut, daß etwa der mir bis dahin völlig unbekannte Polizeisprecher Christoph Reichenbach mich Jahre zuvor schon bei einer Demo am Marienplatz auf Anhieb identifizierte und mich sogar mit Handschlag begrüßte. Leichter kann man meine Glaubwürdigkeit auf der anderen Seite gar nicht untergraben.
Es bleiben viele Fragen offen. Nur eine nicht. Die nach weiteren Teilnahmen an der MSC. Das Team der Münchner Sicherheitskonferenz hat mir inzwischen nicht nur den jahrelang reservierten Platz im Pressepool gestrichen, sondern mich gleich gänzlich aus dem Presseverteiler geworfen.

(Fotos: Zwez/MSC, MSC, Dorin Popa)

Freitag, 12. Februar 2016

Von „Vivian“ (2000) zu „frei!“ (2016): Blond ist nicht blond (Updates)

„Das moderne Weekly“ (Gruner + Jahr). „Das wohl größte Print-Abenteuer seiner jüngeren Geschichte“ („Horizont“). „Wir bieten unseren Leserinnen mit dem besonderen Spannungsbogen aus News, Service und Unterhaltung einen ganz neuen Blick auf die Woche“ (Philipp Jessen und Hans-Peter Junker – ein- oder mehrstimmig?).  In meinen Ohren klang das alles erst mal nach einer Wiedergeburt von „Vivian“. „Vivian“?
Eine einzige Ausgabe von „Vivi@n“ (so die Schreibweise der ersten Ausgaben), Burdas „modernem Frauenmagazin“, konnte deren Unternehmenskommunikation auf meine Nachfrage hin in ihrem Archiv noch auftreiben. Ein paar Ausgaben mehr, wenn auch nicht viele, sind zwischen dem 9. Oktober und 30. Dezember 2000 Woche für Woche erschienen. Montags. Damals noch „Spiegel“-Tag.
Frühsommer 2000 in Offenburg. Ich war im Jahr zuvor mit einer kleinen Entwicklungsredaktion von Berlin an die Kinzig gezogen, um ein anderes, jüngeres Produkt zu entwickeln. Inzwischen war ich als last man standing allein im noch von Egon Eiermann gestalteten alten Verlagsgebäude des Aenne Burda Verlags zurückgeblieben. Zwischen mechanischer Stechuhr und Wachspatronendrucker. Mein Team war längst über die Straße gewandert.
Denn die Zukunft fand dort gegenüber statt, im neu errichteten Medienpark des Burda-Konzerns, wo nicht nur die klassischen Offenburger Titel wie „Burda Moden“ oder „Lisa“ Unterschlupf gefunden hatten, sondern endlich auch etwas kreiert werden sollte, das im ewigen Gerangel zwischen Offenburg und München, Todenhöfer und Markwort, weströmischem und oströmischem Reich den durchaus spürbaren, wenn auch gern geleugneten Minderwertigkeitskomplex gegenüber den Münchner Burda-Kollegen („Focus“, „Bunte“) zu mindern versprach: „Vivian“, ein wöchentliches Nachrichtenmagazin für Frauen mit deutlichem Schwerpunkt auf Politik, Wirtschaft und Themen rund ums Internet.
Chefredakteurin war Susanne Walsleben, im Team unter anderem Katja Hertin (heute „DONNA“), Claudia Fromme („Süddeutsche Zeitung“) und Judith Betzler. Als Kolumnistinnen Georgia Tornow und Petra Gerster.
Über 15 Jahre sind seitdem vergangen, doch im direkten Vergleich wirkt Burdas „Vivian“ selbst heute noch moderner oder zumindest reflektierter und erwachsener als „frei!“ aus dem Hause Gruner + Jahr (das zudem aparterweise in letzter Zeit vor allem wegen seines rüden Umgangs mit freien Mitarbeitern stark attackiert wurde).
Blonde Ikonen zieren beide Startausgaben. Aber während „frei!“ seine Happy-Go-Lucky-Nummer mit einer ungewohnt cleanen Maria Furtwängler-Burda schmückt, gelang es „Vivian“ seinerzeit sogar, der stets cleanen Steffi Graf düstere Tiefe zu verleihen.
Von den Titelthemen ganz zu schweigen: „Vivian“ 2000 mit Migräne, Moral und Milosevic. „frei!“ 2016 mit Love-Looks, Glücksgefühl – und selbst zu Angela Merkel interessieren die Blattmacher in diesen Tagen nur „ihre geheimen Kraftquellen“.
À propos Blattmacher: „Vivian“ hatte selbstverständlich eine Chefredakteurin, aber mit jeder Woche schien ein weiterer Berater der Chefredaktion aufzutauchen, überwiegend eine alteingesessene Altherrenriege vom Schlage Helmut Ortner, Lothar Strobach und Rainer Bieling, die das in den Nullnummern noch sehr überzeugende Konzept fortwährend verwässerten.
Bei Gruner + Jahr entschied man sich von vornherein für zwei Männer als Chefredakteure, die das zudem nicht hauptamtlich betreiben müssen, sondern nebenbei erledigen, was gerade bei einem informationsgetriebenen Weekly verwundern mag. Philipp Jessen ist in erster Linie Chefredakteur von stern.de, sein Mit-Chefredakteur Hans-Peter Junker weiter Chefredakteur von „View“ „View“ – beide übrigens offensichtlich auch die beiden einzigen Männer in der Redaktion. Eine Hierarchie-Etage tiefer immerhin eine Frau als Redaktionsleiterin, Annette Utermark. So präsentiert sich ein neues Frauenmagazin anno 2016.
Die Erstausgabe lag heute der „Hamburger Morgenpost“, dem „Kölner Express“ und dem „Berliner Kurier“ bei. Weitere Exemplare der 900.000 starken Startauflage sollen im Lebensmittel-Einzelhandel kostenlos verteilt werden. Kollege Christian Bartels scheiterte in Berlin bei dem Versuch, ein Heft aufzutreiben. In München wurden wohl einige wenige Exemplare bereits gestern in den Zeitschriftenläden am Hauptbahnhof verschenkt.
Wenn man sich nach all den Vorankündigungen online online wie auch mittlerweile mit dem gedruckten Heft einen Eindruck vom neuen Frauenmagazin mit seinen Kreuzworträtseln und Wohlfühlstrecken verschafft verschafft, vom vermeintlich brandaktuellen Wochenblatt, dessen „Top-Story des Woche“ („News!“) eine Art Stehsatz über die Kraftquellen Angela Merkels ist, muß man doch feststellen, daß es kein bißchen an „Vivian“ erinnert, sondern eher an klassische Supermarkttitel von Burda, an „Lisa“ & Co. Wirtschaftlich vielleicht der vernünftigere Weg.
„Vivian“ wurde noch im gleichen Jahr wieder eingestellt. Verlagsleiter Reinhold G. Hubert nahm die Verluste im höheren zweistelligen Millionenbereich sportlich und sah es als Investition in Mitarbeiter und ein Format, eine Investition, von der alle anderen damaligen und künftigen Redaktionen profitieren sollten.

Update vom 16. Juni 2016: Es ging nicht ganz so schnell wie bei „Vivian“, aber inzwischen hat Gruner + Spar bei „frei!“ auch die Notbremse gezogen und den Titel eingestellt. Im Interview mit dem Branchendienst „Meedia“ erklärte Produktchef Stephan Schäfer – in der Wortwahl passend zur gerade stattfindenden Fußball-Europameisterschaft: „Wir haben den Ball deutlich ins Aus geschossen und die richtige Rezeptur für die Leserinnen nicht getroffen. Ich denke, es wird an mehreren Punkten liegen, aber unterm Strich haben wir es in einem ziemlich voll besetzten Regal nicht geschafft, den Sog zu entwickeln und Käuferinnen den einen klaren Grund zu liefern, zu frei! zu greifen.“ 
Oder wie es meine Kioskbesitzerin formulierte, die das Heft sehr schnell auslistete: „Zu teuer.“

Dienstag, 9. Februar 2016

Feine erste Sätze (19)


„Über Architektur zu tanzen ist nicht halb so problematisch, wie über ein Musikvideo zu schreiben.“

Jens-Christian Rabe in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 9. Februar 2016 anläßlich von Beyoncés „Formation“.

Montag, 8. Februar 2016

Wochenplan (Updates)

Fasching, Vernissagen James Casebere: „Flüchtig“ / Haus der Kunst, Anna McCarthy: „Drink Cold, Piss Warm“ / Sperling und Meisterklasse Hermann Nitsch / Alte Spinnerei Kolbermoor, Bente Matthes über Corporate Blogs / Presseclub, Tim Sweeney / Lost Weekend, François Truffauts „La Nuit Américaine“ und „L'Histoire d'Adèle H.“ (Foto) / Filmmuseum, „Miss Lovely“ / Werkstattkino, Premium Order Munich / MOC, Premium & Pool Party / Filmcasino, „Die Brücke III“ / ZDF, Pressevorführungen „Der geilste Tag“, „13 hours“, „Zoolander 2“, „Heart of a Dog“ und „Hail Caesar“

Montag, 1. Februar 2016

Wochenplan

„Hitler und der Nationalsozialismus“ – eine aktuelle Forschungsbilanz mit Heike Görtemaker, Christian Hartmann, Peter Longerich, Wolfram Pyta und Volker Ullrich / Bayerische Akademie der Wissenschaften, Diplomausstellung 2016 / Akademie der Bildenden Künste, Eszter Gantner: „Jüdisches Erbe zwischen Vermarktung und Erinnerungspolitik“ / Jüdisches Museum, „Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland“ / Bayerische Akademie der Wissenschaften, Premiere des Sat.1-Historien-Events „Die Hebamme II“ mit Josefine Preuß, Oliver Berben u.a. / Gloria Filmpalast, Streitgespräch „Reporter mit Grenzen - Investigativer Journalismus in Gefahr? - Recherche-Pools als Ausweg?“ mit Sigmund Gottlieb, Klaus Ott, Martin Prem und Folker Quack / Presseclub, „Safe House“ / ZDFneo, Vernissagen Karel Appel: „Werke auf Papier“ / Pinakothek der Moderne, „ExistenzFest. Hermann Nitsch und das Theater“ / Villa Stuck und Frida's Wall of Small Arts, Abschlußkonferenz „Wohnen, Arbeiten und Mobilität in der Metropolregion München“ mit Christoph Böck, Christoph Göbel, Jutta Jungwirth, Frank Neumann, Reinlinde Leitz, Roland Pail, Stephan Reiß-Schmidt, Alain Thierstein und Gebhard Wulfhorst / Bürgerhaus Unterföhring, Künstlergespräch mit Lynette Yiadom-Boakye und Glenn Ligon / Haus der Kunst, SZ-Feulleton live mit Christine Dössel, Harald Eggebrecht, Jonathan Fischer, Jörg Häntzschel, Andrian Kreye, Laura Weissmüller, Catrin Lorch, Christopher Schmidt, Sonja Zekri, Gerhard Matzig u.a. / Lost Weekend, Fußball im KZ –  die „Liga Terezin“ / Stadion an der Schleißheimer Straße, Ringvorlesung Gender und Popkultur mit Thomas Meinecke, Elisabeth Bronfen u.a. / LMU, TSV 1860 – FC Nürnberg, „Barefoot Contessa“ / Filmmuseum, Teampremiere „Rohdiamanten“ / Maxim, Benefizkonzert „Bands Need Space“ mit Candelilla, Majmoon, Friends of Gas und einem Fish'n'Blues Allstar Team / Glockenbachwerkstatt, Super Bowl / Sat.1, Pressevorführungen „Zoomania“, „Son of Saul“, „Rock the Kasbah“ (Foto), „Deadpool“, „Sisters“, „Alle Katzen sind grau“, „Eddie the Eagle“, „A War“ und „Criminal Activities“

Montag, 25. Januar 2016

Wochenplan

Filipp Piatov: „Russland meschugge“ / Salon Irkutsk, Apéro Québecois / Café Luitpold, Vortrag des New Yorker Künstlerkollektivs DIS / Akademie der Bildenden Künste, Showroom-Eröffnung Reebok und adidas Fitness-Equipment, Mittelmeer-Filmtage / Gasteig, The Tonight Show Starring Jimmy Fallon / Einsfestival, Vernissagen Bayerischer Kunstförderpreis / Galerie der Künstler und „snow future – Die Alpen: Perspektiven einer Sehnsuchtslandschaft“ / Stiftung Eres, Tagung „Privatsphäre vor dem Aus? Schutz von und Umgang mit Daten“ mit Alexander Sander, Elisabeth Kraml, Alexandra Helmstreit u.a. / Akademie für politische Bildung Tutzing, „Unabhängiger Journalismus in Osteuropa durch Genossenschaften?“ – Internationale Medienrechtstage an der Europa-Universität Viadrina, Vortrag des Ausstellungsmachers Kasper König / Akademie der Bildenden Künste, DearGoods Schwabing Store Opening, Buchpräsentationen von Hans-Jochen Vogels „Es gilt das gesprochene Wort“ / Künstlerhaus und „Heidi Specker. Re-Prise“ mit Heidi Specker, Hannes Böhringer, Mareike Dittmer und Michaela Melián / Pinakothek der Moderne, „Cog!to“ Launchparty / Lost Weekend, TO.mTO-Corset Pop-up-Store, „To be or not to be“ / Filmmuseum, Magazin-Release Florida #2 / Lothringer 13, Bauhausfest / Lenbachhaus, Pressevorführungen „Mein Ein, mein Alles – Mon roi“, „Grüße aus Fukushima“, „The Finest Hours“, „Colonia Dignidad“ (Foto), „Raum“, „Herbert“ und „Spotlight“

Sonntag, 24. Januar 2016

Markus Söder: Ritter oder Kini?

Auszüge aus Markus Söders „Ritterrede“ und der Laudatio von Annegret Kramp-Karrenbauer anläßlich der Auszeichnung Söders mit dem 67. Orden wider den tierischen Ernst. Die gesamte Festsitzung wird am 25. Januar um 20.15 Uhr im Ersten sowie am 6. Februar um 21.45 im WDR ausgestrahlt.
Zu gut, um es zu erfinden: Sponsor der Preisverleihung ist („brandaktuell“) die Firma openSECURE: „Wir öffnen Welten, wir schließen Welten“.

 

Sonntag, 17. Januar 2016

Wochenplan

Präsentation von Vincent Frickes „Sonntagsbraten – Das Kochbuch“ / Zum Sollner Hirschen, Hans-Christian Dany liest aus „Schneller als die Sonne“ / Favorit-Bar, Vernissagen „Schöner, größer, besser – jetzt“ / Akademie der bildenden Künste, Bruno Gironcoli: „Geheimnis“ / Pfefferle und Mahlergruppe x Felix Oehmann / easy!upstream, Vanda Vitti: „(Trans-)Formationen jüdischer Lebenswelten nach 1989 in den slowakischen Städten Košice und Lučenec“ / Jüdisches Museum, „An was arbeiten Sie gerade?“ ft. Rosali Wiesheu, Jessica Dettinger u.a. / Platform, Verleihung des Ernst-Hoferichter-Preises 2016 an Ali Mitgutsch / Literaturhaus, Buchpräsentation Ismail Küpeli: „Kampf um Kobanê – Über die kurdische Autonomiebewegung, den Bürgerkrieg in Syrien und den Kampf gegen den 'Islamischen Staat'“ / Café Marat, „Abschied von Drogerie-Charlotte“ – Der Hohenzollernstraßenfilm / Heppel & Ettlich,  Klaus Weber: „Hitler nach-gedacht“ / Rosa-Luxemburg-Stiftung, Eröffnung des super+Maxistore, Kostümverkauf des Gärtnerplatztheaters, Pressevorführungen „Trumbo“ (Foto), „The Hateful 8“, „The 33 – 69 Tage Hoffnung“, „Bach in Brazil“, „Concussion – Erschütternde Wahrheit“ und „Wie Brüder im Wind“

Mittwoch, 13. Januar 2016

Nepper Schlepper schlechte Rapper

Eigentlich war ich auf der Suche nach einem Ruth-Leuwerik-Bild, an das ich mich zu erinnern meinte – war dann aber doch Winnie Markus. Dafür stieß ich auf dieses Promobild der Berliner Kultband Nepper Schlepper schlechte Rapper am Brandenburger Tor. Der Abzug ist auf Dezember 1995 datiert. Mußte ich natürlich gleich auf deren Facebook-Page posten. Und dort zu meiner Überraschung lesen, daß Christoph Azone dieses in der B.Z. veröffentlichte Motiv des Fotografen Michael Schmidt als „verschollen“ bezeichnet. Vielleicht sollte ich meinem Bildarchiv noch etwas mehr Aufmerksamkeit widmen.

Montag, 11. Januar 2016

nachgefragt: Ildikó von Kürthy („Shape“ 2004)

Während meiner Zeit als fester Freier bei der „Cosmopolitan“ habe ich zwei Jahre lang auch bei „Shape“ mitgearbeitet und dort unter anderem einen Fragebogen entwickelt und betreut. Neben diversen Fragen gaben wir dem Promi jeweils auch noch die Möglichkeit, sich selbst zu zeichnen und uns einen Schnappschuß aus seiner Kindheit zu zeigen. Im Oktober 2004 war „nachgefragt“ Ildikó von Kürthy gewidmet, die sich als Weltmeister im Stubenhocken charakterisierte und als Geheimnis ihrer Figur Spaghetti, Schokolade, Chips aufzählte – „und davon viel“. „An meinen Körper mag ich meinen Magen. Da passt so viel rein.
Einem Motto wie „Was mich nicht umbringt, macht mich härter“ konnte sie nichts abgewinnen. Daß sie aber durchaus ihren inneren Schweinehund überwinden kann, bewies sie jetzt 2015 für ihr Buch „Neuland: Wie ich mich selber suchte und jemand ganz anderen fand“. Andere Outfits, blonde Haarfarbe, neue Figur: eine Rundumänderung. Sie war nicht wiederzuerkennen. „Plötzlich winken dir Idioten zu“, verriet sie dem „Stern“„Ich sah besser aus, aber fühlte mich nicht besser“. Denn: „Das Leben war wie ein Sofa ohne Kissen. Ungemütlich. Ich habe Freude vermisst“, weshalb sie längst wieder die alte von Kürthy ist.

Sonntag, 10. Januar 2016

Wochenplan

Quittenmenü mit Marius Wittur / Broeding, Daniel Fuhrhop: „Verbietet das Bauen!“ / Lost Weekend, Vernissagen „Aus der Mitte entspringt ein Kreis“ mit Christian Honold, Ioan Grosu, Marc Avrel und Gülbin Ünlü / Kunstarkaden, Paul Hiller: „Merry-go-round“ / Big Pond Artworks, „Echo of Untouched Matter“ / Lothringer 13, „Provokateure“ / Størpunkt und Helge Hommes / ponyhof artclub, GQ First Look ft. Mola / Die Goldene Bar, Oscar Nominations Announcement, Les Millionaires (Foto) / Bar Gabanyi, Lyrik von jetzt / Lyrik Kabinett, „Erde und Teer“ – Lesung mit Fabian Bross, Sophia Klink und Markus Ostermair / Keller der kleinen Künste, Artechock-Neujahrsempfang, Ring Studios Party, Pressevorführungen „Die Wahlkämpferin – Our Brand is Crisis“, „Sufragette“, „Die 5. Welle“, „Much Loved“, „Das Tagebuch der Anne Frank“, „Anomalisa“, „Der Kuaför aus der Keupelstraße“, „The Forest“, „Ride Along: Next Level Miami“, „Daddy's Home“ und „Das Wetter in geschlossenen Räumen“

Freitag, 8. Januar 2016

Amazon und das Wirrwarr um Hitlers „Mein Kampf“

Amazon spende die Erlöse aus dem Verkauf von Adolf Hitlers „Mein Kampf“, hieß es in den letzten Wochen in verschiedenen Medien. Das ist nicht die ganze Wahrheit. Denn diese Erklärung bezieht sich auf den Verkauf der heute veröffentlichten kritischen Edition des Münchner Instituts für Zeitgeschichte bei amazon.de.
Ursprünglich hatte man auf der Bestellseite für das Buch konkret versprochen: „Die Erlöse aus dem Verkauf dieses Buches über www.amazon.de gehen an die Stiftung 'Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‘ (EVZ) zur Erinnerung an die Opfer nationalsozialistischen Unrechts.“ Und verlinkte auf deren Stiftungs-Seite.
Heute heißt es dagegen weit allgemeiner: „Die Erlöse aus dem Verkauf dieses Buches über www.amazon.de gehen an eine Organisation, die sich zu Gunsten von Opfern des Nationalsozialismus engagiert“. Scheut die EVZ nun nur das Rampenlicht oder hat sie sich von dem Deal gänzlich zurückgezogen und wer bekommt dann gegebenenfalls stattdessen die Erlöse?
Und zwar die Erlöse der Deutschen. Denn Amazon ist nun nicht gleich Amazon. So praktiziert das britische Amazon eine andere Preispolitik als die deutsche Niederlassung, weshalb man als deutscher Kunde beispielsweise englischsprachige DVDs bei amazon.co.uk weit günstiger bestellen kann als bei amazon.de. Und von Hitlers „Mein Kampf“ werden von den Briten, aber auch von Amazon in Frankreich, Italien oder den USA beispielsweise verschiedenste Ausgaben gelistet („Bestseller“), auch deutschsprachige, ob die Eher-Ausgabe oder die kritische Neuedition des IfZ, bei denen allesamt der Onlinehändler aber offenbar wie selbstverständlich die Erlöse für sich zu behalten scheint.
Umgekehrt konnte man bis Silvester bei Amazon Deutschland auch noch Hitlers „Mein Kampf“ auf Italienisch oder Spanisch als Kindle Edition bestellen bzw. vorbestellen. Ohne daß eine Spende vorgesehen gewesen wäre. Diese Angebote sind inzwischen im deutschen Amazon-Angebot spurlos verschwunden, ohne daß sich der Händler bisher mir gegenüber dazu erklären wollte.

Mittwoch, 6. Januar 2016

CLAP: Jetzt Fanboys von Joachim Steinhöfel?

Peter „Bulo“ Böhling hat eine frechen Strich. Joachim Steinhöfel barsche Ansichten. Konsensfähigkeit würde man mit keinem von beiden als erstes assoziieren. Noch weniger würde man beide einvernehmlich Seite an Seite erwarten. Oder daß der Bulo in seinem eigenen Magazin dem Steinhöfel unwidersprochen Platz für eine seiner kruden Thesen einräumt. Oder ihn sogar als „klug und konziliant“ bezeichnet. Bahnt sich da eine neue Achse an?
Nennen wir es das Weihnachtswunder. Und so begab es sich zu München, daß von Peter Böhling und Daniel Häuser, den Chefredakteuren des Medienmagazins „Clap“, das Gebot ausging, daß Joachim Nikolaus Steinhöfel geschätzt würde.
Als eigenständige Medienfigur war Steinhöfel eher in der Versenkung verschwunden, aber als Matussek-Anwalt wieder für die Branche interessant geworden. „Der Steinhöfel hat damals auf einen Tweet von Peter geantwortet, erinnert sich Häuser. So schnell kann aus einem flüchtigen Like im Internet eine mehrseitige Printstory im „People-Magazin für Neugierige, Eitle und Schadenfrohe“ werden.
„Clap“-Chefreporter Bijan Peymani durfte loslegen: „Während fieser Nieselregen die Luft in Deutschland durchtränkt und nur die Straßenbeleuchtung spärliches Tageslicht spendet, strahlt Joachim Steinhöfel mit der milden Sonne Kapstadts um die Wette. Er sitzt am Esstisch seines Hauses in der feinen Camps Bay, nicht nur in diesem Moment der perfekte Gegenentwurf zu seiner Heimatstadt Hamburg. Steinhöfel lässt den Blick wandern, über die Bergkette 'Twelve Apostles', den Tafelberg, den Atlantik: 'Man kann es auch ein wenig schlechter treffen.'“
Wenn man selbst für Böhling und Häuser journalistisch tätig war, stutzt man bereits in diesen ersten Zeilen. Sie zahlen fair, sie zahlen schnell, aber so gut geht es dem Redaktionsbüro nun auch wieder nicht, daß sie sich in interkontinentale Reisespesen stürzten. Haben sie auch nicht. Peymani führte das Interview aus der Ferne, als Video-Skype, so Häuser.
Bei den Bildern, sonst dank des Hausfotografen Alexander von Spreti ein USP des Hochglanzmagazins, ging „Clap“ angesichts der Entfernung auch kostenfreundlich vor. „Es hat sich herausgestellt, dass Steinhöfel eine sehr gute Kamera hat.“ (Von Media Markt?) Woraufhin die Frau an seiner Seite die Bilder geschossen habe, die den Anwalt ausgesprochen sportlich-dynamisch präsentieren. Als Urheberin nennen lassen wollte Steinhöfel seine Partnerin aber ausdrücklich nicht.
Als Autor der „Achse des Guten“, von „Tichys Einblick“ und einem eigenen Blog, als Anwalt von Matthias Matussek und Akif Pirinçci zelebriert Steinhöfel eine Haltung, wie sie Böhling so gern in seinen Karikaturen aufspießt. „Sind Sie ein Arschloch?“, fragt die Redaktion denn auch keck auf dem Titel.
Bijan Peymani hat daegegen offenbar einen anderen Zugang. Auf seinem eigenen Xing-Profil verlinkt der Hamburger Medienjournalist unter „Weitere Profile im Netz“ auf den Blog „Klodeckel des Tages“, den Ramin Peymani führt und der mit seinen Attacken gegen NGOs, Sozialdemokraten, Refugees und „Gutmenschen“ ein Freidenker im Stil von Tichy, Pirinçci, Steinhöfel & Co ist.
Und so gibt Bijan Peymani seinem Interviewpartner Steinhöfel kaum Kontra, sondern räumt ihm unwidersprochen Raum ein für Thesen wie die, man hätte einen „Weihnachtsmarkt zum Wintermarkt umbenannt, mit dem Argument, man wolle die Gefühle der Muslime nicht verletzen.“ Pegida-Mythos oder Tatsache? Spätestens hier hätte man nachfragen oder zumindest später in der Redaktion die Fakten checken können.
Von wegen. „Steinhöfel ist kein Scharfmacher“, bewertet Bijan Peymani in seiner „Clap“-Titelstory derartige Propaganda, „er argumentiert klug und präzise.“ Und im Vorspann lobt die Redaktion Steinhöfel gleich auch noch als „klug und konziliant“.
Hat das im Adventsstress niemand gegengelesen? Häuser bestätigt, daß Schlußredakteur Peter Woeckel, der Bulo und er selbst den Text geprüft „und natürlich auch noch bearbeitet“ hätten. Und wieso nicht mehr Widerspruch, keine Änderungen strittiger Behauptungen? „Wir hatten keine Lust, uns vor Weihnachten auf ein Scharmützel einzulassen. Und die Geschichte so gemacht, daß wir uns von Steinhöfel keine einstweilige Verfügung einhandeln“.

Update vom 8. Januar 2016: Beim letzten, nunmehr durchgestrichenen Satz widersprechen sich Häusers Erinnerung und meine Mitschrift des Telefoninterviews.

Montag, 4. Januar 2016

Rot-grün & das Nachtleben – Vom Türsteher (2)

Sonst kennt man Ulf Poschardt eher von seinem Kampf um freie Fahrt für freie Bürger, aber letzte Woche hat der „WELT“-Vize mal den Fuß vom Gaspedal genommen, um das Nachtleben vor jeder Regulierung zu schützen und die Türsteher der Republik vor jeder Gängelung.
„Rot-Grün will die Freiheit der Nacht reglementieren“, kommentierte er Gesetzesinitiativen in Bremen und Niedersachsen, die es erleichtern sollen, Clubs zu ahnden, die aus rassistischen Gründen Gäste an der Tür abweisen. Und rast dabei leider ein bißchen übers Ziel hinaus.
Während das bundesweit geltende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz abgewiesenen Gästen nur den Weg einer Zivilklage erlaubt, Beweislast und Prozessrisiko also den abgewiesenen Gästen auferlegt, können Bundesländer über entsprechende Änderungen des Gaststättenrechts von Amts wegen rassistische Vorfälle als Ordnungswidrigkeit verfolgen. Wirte könnten nun bestraft werden, „wenn sie aus 'rassistischen' Gründen junge Männer abweisen“, behauptet Poschardt, der dabei einiges über sein Selektionsdenken verrät. Denn die Gesetzesänderungen verbieten unabhängig vom Geschlecht, „eine Person wegen der ethnischen Herkunft oder der Religion“ (Niedersachsen – pdf) beim Einlass zu benachteiligen oder in Bremen gar „einer Person wegen der ethnischen Herkunft, einer Behinderung, der sexuellen oder geschlechtlichen Identität oder der Religion oder Weltanschauung“ (BremGastG) den Zutritt zu verwehren. Und es ist keineswegs so, daß Rassismus nur Männer träfe.
Als ich von 2013 bis 2015 wieder einmal zweieinhalb Jahre in München als Türsteher arbeitete, fiel mir bei den Gästen ein Phänomen besonders eklatant auf: die überwiegende Mehrheit aller, die vor meiner Tür standen und auf den ersten Blick ausländisch wirkten, also gerade Schwarze oder Asiaten, traten überraschend ängstlich auf, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Münchner, in München lebende Expats oder Reisende handelte, und auch unabhängig davon, ob sie Männer oder Frauen waren. Es war keine allgemeine Scheu vor Türstehern, diese unter Nachtschwärmern gerade in München weit verbreitete leichte Unsicherheit, am Einlaß zu scheitern. Es war eine aus vielen erfahrenen Abweisungen genährte blanke Angst. Ein Spiegelbild des alltäglichen Rassismus.
„Das Welt- und Menschenbild dieser rot-grünen Politiker, ihre mega uncoole Regelungswut, ihr alltags- und lebensfernes Moraldiktat, wo es nicht hingehört, ihre Viktimisierung von jedem – das alles ist nur schwer zu ertragen“, zetert nun der alte, weiße Mann Poschardt.
Das ist besonders ulkig, denn die von ihm in seinem Kommentar beschworenen „künstlichen Paradiese“, die legendären Clubs und Bars, die nicht nur eine Nacht, sondern ganze Generationen prägen, sind meist Phänomene der Großstadt und ihrer Subkultur. Und Großstädte, aber vor allem ihr Welt- und Menschenbild traditionell eher links geprägt: Abraham D. Beame bzw. Ed Koch & das Studio 54, Stobbe & der Dschungel, und selbst wenn Diepgen nach der Wiedervereinigung den Regiermeister Momper bald verdrängte, so blühte die Berliner Techno-Szene zumindest unter einer großen Koalition weiter auf. Denn nicht nur das Herz, sondern auch der Beat schlägt links.
Und wer jetzt mit der kurzen Ära Erich Kiesl kommt: Das Münchner Nachtleben florierte damals weniger dank der CSU, sondern eher gegen sie und vor allem gegen ihren Kreisverwaltungsrefenten Peter Gauweiler.

Sonntag, 3. Januar 2016

Wochenplan

Gastrosilvester /Milchbar, Neujahrsempfang der Löwen gegen rechts mit den Live-acts Kein Signal, Thunder & Blitzkrieg und Munks Jungs / Loft, Vernissagen Keita Sagaki / Galerie Micheko, Josef Karl / Ingo Seufert und Alina Birkner / super+Centercourt, Finissage Katrin Hupe: „Poesie des Mülls. Impressionen aus Algerien“ / Kunst in der Klinik, Sandy Daes Record-Release-Party „Losing Myself“ / Pimpernel, Golden Globe Awards, Pressevorführungen „The Revenant“, „Schellen-Ursli“, „Monsieur Chocolat“, „Creed – Rocky's Legacy“ (Foto) „The Boy“, „Mademoiselle Hanna und die Kunst, Nein zu sagen“, „Die Hüterin der Wahrheit“, „Mustang“ und „Power to Change – Die Energierebellion“

Samstag, 2. Januar 2016

Cavos – Viel Rauch um nichts?

Philipp Crone ist quasi der Gesellschaftsreporter der „Süddeutschen Zeitung“. Und so fungiert er in seinem großen Silvester-Interview mit dem Münchner Großgastronom Michi Kern („Pacha“, „Lost Weekend“, „Reitschule“) denn leider auch eher wie ein Stichwortgeber denn als kritisch nachfragender Journalist:
SZ: „Was hat man als Gastronom mit Bürgerversammlungen zu tun?“
Michi Kern: „Sobald man in einem Lokal Ärger mit Anwohnern hat. Und das ist ja durch das Rauchverbot fast unvermeidlich. Sobald drei Leute vor dem Eingang stehen, gibt es Ärger. Meiner Meinung nach haben die Bezirksausschüsse diese Diskussion lange Zeit stark angeheizt, dass sie jetzt oft gar nicht mehr zurückrudern können. Auch da tut sich etwas, man spricht wieder mehr miteinander, aber eine Zeit lang war das pure Konfrontation. Da ging es meistens nicht um Kompromisse, sondern darum, Läden zu schließen. Aus diesem Grund wurde auch das Cavos geschlossen.“
Wegen ein paar Rauchern vor dem Lokal im Untergeschoß der Reitschule? Wegen weniger Gäste, die der Türsteher nicht in Griff bekam? Vielleicht derselbe Türsteher, der im Dezember 2014 ein paar Wochen vor der Schließung die hereindrängenden Polizeikräfte ebensowenig in Griff bekam und während einer Drogenrazzia in eben diesem, gerade bei Promis recht beliebtem Cavos etwas unsanft von den USK-Beamten die Treppe heruntergestoßen worden sein soll? Crone hakt nicht nach.
Für die Schließung waren aber nicht etwa die „Drogen zwischen Tellerstapeln“ („Süddeutsche Zeitung“ – Koautor: Philipp Crone) verantwortlich. Das Ende stand schon vorher fest. Cavos-Chef Florian Faltenbacher beschwerte sich seinerzeit gegenüber den Münchner Tageszeitungen sogar ausdrücklich unter Verweis auf die Schließung über die Polizei und bezeichnete die Aktion der Drogenfahnder als übertrieben und „absolute Schikane“. „Ich bin mehr als enttäuscht.“ Er könne nicht verstehen, warum die Polizei sich die Mühe mache, einen Laden, der eh zusperrt, noch mal auf Drogenkonsum zu durchsuchen. (Überhaupt spielten Drogen in der „SZ“-Serie über die „Macher der Nacht“ eine geringfügige Rolle, die in keinem Verhältnis zu deren Bedeutung im Nachtleben steht.)
Aufgegeben wurde das Cavos von den Pächtern bereits zuvor aus eigenem Antrieb, nachdem ihnen seitens der Behörden die Konzession soweit eingeschränkt wurde, daß sie bereits um 22 Uhr schließen mußten. Der Gründe gab es genug: Eine neue Lüftung, die den Küchendunst direkt zu den Nachbarn trieb. Ein Wirtsgarten, der offenbar nie genehmigt worden war. Und im Garten wie im Lokal selbst ein Gästeaufkommen, das sämtliche Auflagen hinsichtlich der zulässigen Kapazität ignorierte. Da kam es auf die paar Raucher vor der Tür auch nicht mehr an, um das Ende einzuleiten.