Sonntag, 26. Oktober 2014

Bad Press (1): Timm Klotzek

Ein Journalist muß kein guter Mensch sein. Mit den Bösen könnte man eine ganze Retrospektive im Filmmuseum bestreiten: Charles Foster Kane, Walter Burns, Waldo Lydecker, Chuck Tatum, J.J. Hunsecker – Hollywood-Fieslinge vom Besten. Weit entfernt vom Einsatz fürs Wahre, Schöne und Gute.
Im wahren Leben geht es nicht weniger um Eitelkeiten, aber dafür weit weniger kriminell zu. AK steht hier nicht für Awtomat Kalaschnikowa, sondern für Anzeigenkunde.
Vorgestern flatterte so den Käufern der „Süddeutschen Zeitung“ nicht nur wie üblicherweise freitags das „SZ-Magazin“ als Supplement entgegen, sondern auch „Seraph“, eine bezahlte Beilage des Münchner Haushaltswarenspezialisten Kustermann. Neben Kaffemaschinen, Multibrätern, feinstem Porzellan, Geldschränken und was der wohlsituierte „SZ“-Leser sonst so für daheim braucht, war in dem Katalog auch Platz für eine fünfseitige Eloge auf Timm Klotzek, „Chefredakteuer“ (sic!) des „SZ-Magazins“. Derart als Minestrone kochender „Held am Herd“ hofiert, revanchierte sich der Blattmacher in der Werbepostille umgehend beim Anzeigenkunden und lobte noch im Rahmen seines Porträts das ihn derart featurende PR-Magazin: „Das finde ich gut gestaltet, es ist schon ein Katalog, aber einer, der Seele hat. Man wird tatsächlich inspiriert, ähnlich wie beim SZ-Magazin.“
Die Stilsicherheit, die der anonyme Verfasser der Homestory bei der detailverliebten Beschreibung von Klotzeks Wohnung lobt, mag man bereits grundsätzlich beim Auftritt des Chefredakteurs als Testimonial für den Anzeigenkunden vermissen. Das Werbeblättchen dann aber auch noch auf ein Podest mit dem „SZ-Magazin“ zu stellen, scheint kühn.
Unachtsamkeit will ich bei einem sonst so kühl kalkulierenden Journalisten ausschließen. Vielleicht war es die Lust an der Provokation?
„Auf die Frage nach seiner Lieblingsgeschichte im SZ-Magazin antwortet er: 'Ich fand am schönsten, als wir einen lustigen  Jahresrückblick mit einem tollen Illustrator gemacht hatten und dann eine Woche drauf die wirklich düsteren NSU-Protokolle mit Schauspielern eingelesen haben für ein Kammerspiel. Dass diese Geschichten so hintereinander gekommen sind, dieser Heiß-Kalt-Wechsel, das hat mir sehr gut gefallen.“
Ein Bekannter aus dem SZ-Hochhaus wähnte, die Kollegen in der Redaktion würden kochen. Das Traurige heutzutage ist, daß ich mir nicht sicher bin, ob vor Wut oder doch nur aus Neid?

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